Attacke auf Sudans Premier: Anschlag verfehlt das Ziel
Sudans Premierminister Abdalla Hamdok bleibt bei einem Anschlag unverletzt. Als Organisator des Übergangs zur Demokratie hat er mächtige Feinde.
Ein gescheiterter Anschlag auf den sudanesischen Premierminister Abdalla Hamdok zeigt, wie zerbrechlich der Übergang zur Demokratie im Land ist. Nach Angaben einiger Augenzeugen explodierte ein Sprengsatz an der Auffahrt zu der Brücke, die den Norden Khartums mit dem Zentrum der sudanesischen Hauptstadt verbindet, als sich der Autokonvoi des Premierministers näherte. Es wurde auch noch geschossen. Wer für das Attentat verantwortlich ist, blieb zunächst unklar.
Hamdok blieb unverletzt und wurde an einen sicheren Ort gebracht. Er versicherte per Twitter, dass er „wohlauf und in Sicherheit“ sei. Bilder zeigen zwei weiße Regierungsfahrzeuge, deren Fenster durch die Explosion zerborsten sind. Ein drittes Auto ist schwerer beschädigt. Hamdok versicherte, dass der versuchte Mordanschlag „den Weg der Veränderung im Sudan nicht behindern wird“. Die Sudanese Professionals Association, die mit ihren Massenprotesten die autoritäre Herrschaft von Präsident Omar al-Bashir gestürzt hatte, nannte den Anschlag in der Zeitung Sudan Tribune einen offensichtlichen Versuch, die Revolution des Volkes zu beenden.
Der Ökonom Hamdok leitet seit dem August vorigen Jahrs die Übergangsregierung von Militär und Zivilisten. Zwar tritt der Technokrat vorsichtig und diplomatisch auf, aber es ist sicher, dass er sich Feinde gemacht hat. Erst im vorigen Monat bestätigte er, dass seine Regierung mit dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) zusammenarbeiten wird, um denen, die beschuldigt werden, einen Genozid, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Region Darfur begangen zu haben, den Prozess in Den Haag zu machen. Ausgeliefert werden soll vor allem Ex-Präsident Omar al-Bashir.
Er sitzt derzeit wegen Korruption im Gefängnis, hat aber noch viele Anhänger unter Islamisten, im bisher kaum veränderten Staatsapparat und in der Armee. Sie tun sich schwer mit dem Verlust der Macht. Im Januar wurde eine Meuterei von Mitgliedern des gefürchteten Geheimdienstes (NISS) unterdrückt. Sie rebellierten gegen die angebotene finanzielle Abfindung und forderten die Übernahme in die zukünftigen restrukturierten Streitkräfte.
Agieren gegen die Macht der Militärs
Al-Bashir hatte Hamdok lange umworben, sich seinem Regime anzuschließen, doch der hatte das immer verweigert und war im Ausland für die UNO tätig. Erst nach einigem Zögern hat er voriges Jahr die Einladung akzeptiert, die Übergangsregierung zu leiten.
Dies wird „den Weg der Veränderung im Sudan nicht behindern“
Hamdok hat sich bestimmt auch unter den Militärs im Souveränen Rat Feinde gemacht, der höchsten Macht im Land. Der Premierminister sagt zwar, dass die Beziehungen gut seien, aber oft hört man, dass die Zusammenarbeit nicht immer glatt verläuft. Die Militärs akzeptierten nur unter starkem ausländischen Druck und nach riesigen Demonstrationen im Land eine gemeinsame Regierung mit Zivilisten. Im Souveränen Rat haben sie aber die Oberhand und sind de facto noch immer die eigentlichen Führer des Landes.
Der mächtigste von allen Militärs ist Mohammed Hamdan Daglo, besser bekannt unter den Spitznahmen Hametti. Er ist der ehemaligen Leiter der Reitermiliz Janjaweed, die im großen Maßstab verantwortlich war für die Menschenrechtsverletzungen in Darfur. Die Miliz ist mittlerweile in Rapid Support Forces (RSF) umgetauft und stellt unter Führung von Hametti die furchterregendste militärische Kraft im Sudan dar.
Hamdok vermeidet Streit mit Hametti, dem Vize-Vorsitzenden des Souveränen Rats. Diplomatisch sagte der Premier über sein Verhältnis zu Hametti: „Wir müssen dafür sorgen, dass es funktioniert.“ Hamdok versucht aber offensichtlich, Hametti über eine Liberalisierung des Goldabbaus auszumanövrieren. Hametti kontrolliert viele Goldminen in Darfur. Durch die Liberalisierung würde sein Einkommen geschmälert.
Hamdok hat gefährliche und gut informierte Feinde, die genau Bescheid wissen, wie und wann er ins Büro fährt. Die Frage ist, ob es ihm gelingt, Sudans Übergang bis zu den Wahlen 2022 zu lenken.