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Attacke auf Polizisten in FrankreichPariser Angreifer wohnte in NRW

Der Attentäter von Paris hat in einem Flüchtlingsheim in Recklinghausen gewohnt. Dort fiel er bereits auf, als er die Flagge des IS an die Wand malte.

Asylbewerberunterkunft Recklinghausen: Auf diesem Gelände soll Tarek Belgacem eine Wohnung gehabt haben. Foto: dpa

Düsseldorf afp | Der Attentäter, der am Donnerstag bei einem Angriff auf Polizisten in Paris erschossen wurde, hat in einer Asylbewerberunterkunft in Recklinghausen gewohnt. Einsatzkräfte der Polizei hätten seine Wohnung am Samstag nach konkreten Hinweisen der französischen Sicherheitsbehörden durchsucht, teilte das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt am späten Samstagabend mit. Aus Sicherheitskreisen hieß es, bei dem Mann habe es sich um einen Asylbewerber gehandelt.

Nach Angaben des LKA ergaben sich bei der Durchsuchung keine Hinweise auf weitere mögliche Anschläge. Das LKA setzte demnach eine eigene Ermittlungskommission ein. Diese stimme sich eng mit den französischen Sicherheitsbehörden ab und stehe zudem im engen Informationsaustausch mit dem Bundeskriminalamt. Weitere Angaben wollte das LKA zunächst nicht machen, um „die laufenden Ermittlungen in Frankreich nicht zu gefährden“.

Der Angreifer hatte am Jahrestag des Anschlags auf die Satirezeitung Charlie Hebdo am vergangenen Donnerstag mit einem Metzgerbeil bewaffnet und „Allahu Akbar“ (Gott ist groß) rufend Polizisten vor einem Kommissariat im Pariser Viertel Goutte d‘Or attackiert. Die wachhabenden Polizisten erschossen den Mann, der auch eine Sprengstoffgürtel-Attrappe trug.

Bei der Leiche wurde ein Bekennerschreiben mit einer aufgemalten Fahne der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gefunden, in dem der Mann IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi die Treue schwört. Die Pariser Staatsanwaltschaft leitete deswegen Terror-Ermittlungen ein. Aus französischen Ermittlerkreisen hieß es am Freitag, Verwandte hätten den Toten als einen Tunesier namens Tarek Belgacem identifiziert. Der Name stand demnach auch auf dem Bekennerschreiben.

Mal syrisch, mal georgisch

Am Freitag war auch eine erste Spur nach Deutschland bekannt geworden: Nach Angaben der französischen Behörden hatte der Mann ein Handy mit einer deutschen SIM-Karte dabei.

Wie die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf deutsche Sicherheitskreise berichtete, hatte der Mann in Deutschland unter dem Namen Walid Salihi Asyl beantragt. Insgesamt war er demnach unter vier Aliasnamen in der Bundesrepublik registriert. Als Staatsangehörigkeit habe er mal syrisch, mal marokkanisch, mal georgisch angegeben.

In Deutschland war der Mann dem Bericht zufolge schon mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten. In der Flüchtlingsunterkunft in Recklinghausen habe er im September das Zeichen des IS an die Wand gemalt. Eine LKA-Sprecherin wollte sich nicht zu dem Bericht äußern.

Ein tunesisches Paar, das sich als Tareks Eltern vorstellte, bestätigte am Samstag, dass sich ihr Sohn kürzlich in Deutschland aufgehalten habe. Ihr Sohn habe sie von dort aus gebeten, ihm Auszüge aus dem Geburtsregister zu schicken und sei nur wegen seines Passes auf dem Pariser Kommissariat gewesen, sagte die Frau dem tunesischen Radiosender Sabra FM.

Sie selbst habe ihren Sohn gebeten, nach Hause zu kommen, da sie sich einer Handoperation unterziehen müsse und ihn sehen wolle, sagte die Frau. „Er hat nichts getan“, sagte sie weiter und warf den französischen Behörden vor, ihren Sohn grundlos getötet zu haben. Sein Vater bekräftigte, sein Sohn Tarek habe keiner extremistischen Organisation angehört. Nach Angaben des Senders stammt die Familie aus Ouled Chemkh im Verwaltungsbezirk Mahdia.

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4 Kommentare

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  • Wie kann man sich denn erfolgreich 4 mal mit unterschiedlichen Angaben registrieren lassen? Da geht aber dann gewaltig was schief. Das hätte auffallen müssen, erst recht wenn er dann auch noch mehrfach mit der Polizei zu tun hatte.

    • @JoWall:

      Die 4fach Registrierung ist der Tatsache geschuldet, dass es auch bei der Erfassung von Flüchtlingen kein bundesweites Zentralregister für z.B. Fingerabdrücke gibt. Allein dieser Abgleich würde einen solchen fatalen Fehler unmöglich machen. Aber da sind ja die Datenschützer und ihre Paranoia gemeinsam mit der Unfähigkeit unserer Bundesregierung zur Initialisierung und Durchsetzung bundesweiter sicherheitsrelevanter Datenerfassung vor. Nicht mal die Länderpolizeibehörden sind wirksam miteinander vernetzt. So kann es eben sein, dass bereits in Berlin erfasste Straftäter in Brandenburg als unbekannte Ersttäter erfasst und dementsprechend milde behandelt werden. Von den mittlerweile bekannten Fällen rund um die Kölner Silvesternacht ganz zu schweigen. Es ist einfach nur noch lächerlich und gleichzeitig beängstigend.

      • @Trabantus:

        Weil dieser Mann, der ja bereits schon mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten war, hier gleich 4 mal registriert wurde, soll man jetzt also ein bundesweites Zentralregister für Fingerabdrücke schaffen? Was für eine Art von Paranoia ist das denn nun wieder? Und was ist eigentlich von den offiziellen Flüchtlingszahlen zu halten, wenn es sich hierbei nicht um einen Einzelfall gehandelt haben sollte?

  • Das heißt, die Polizei hatte ihn schon dabei erwischt, dass er versucht hat, in Flüchtlingsunterkünften für Terroristen zu werben, aber er wurde nicht überwacht?