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Atomwaffen-SperrvertragIran und USA streiten sich

Die Atomwaffensperrvertrag-Konferenz in New York beginnt mit einem Wortgefecht zwischen Clinton und Ahmadinedschad. Der macht auch noch Abrüstungs-Vorschläge.

Der Präsident des Iran, Ahmadinedschad, bei der Eröffnung der Konferenz. Bild: dpa

Mit einem verbalen Schlagabtausch zwischen dem iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinedschad und US-Außenministerin Hillary Clinton begann am Montag in New York die Überprüfungskonferenz zum "Vertrag über die Nichtverbreitung von Atomwaffen" (NPT). UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte die 188 Teilnehmerstaaten zur baldigen Aufnahme von Verhandlungen über eine Konvention zur Abrüstung aller atomaren Massenvernichtungsmittel auf.

Das Pentagon machte anlässlich der Überprüfungskonferenz erstmals seit 1961 Angaben über die aktuelle Zahl der US-Atomsprengköpfe. Ahmadinedschad, der als einziger Staats- oder Regierungschef nach New York reiste, hielt den USA vor, 1945 als erstes und bislang einziges Land Atomwaffen eingesetzt zu haben. Das sei "nicht vergleichbar mit irgendeinem anderen Verbrechen der Geschichte".

Zudem, kritisierte Ahmadinedschad, drohten die USA auch nach der kürzlich von der Obama-Administration veränderten Atomwaffendoktrin weiter mit atomaren Angriffen gegen Iran und andere Länder. Der iranische Präsident forderte die weltweite Abschaffung aller Atomwaffen sowie "völkerrechtlich verbindliche Maßnahmen, um Entwicklung, Produktion, Lagerung, Instandhaltung, Modernisierung und Weiterverbreitung von Atomwaffen" zu unterbinden.

Ahmadinedschad unterbreitete der Konferenz elf konkrete Vorschläge für die Stärkung des Nichverbreitungsvertrags und "seine Erweiterung zu einem Abkommen über die vollständige Abrüstung aller Atomwaffen".

Aus Protest gegen die Rede des iranischen Präsidenten verließen die Vertreter der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands den Sitzungssaal in der New Yorker UNO-Zentrale. US-Außenministerin Clinton warf in ihrer Rede Ahmadinedschad vor, er wolle den Nichtverbreitungsvertrag untergraben. "Er kam zu der Konferenz mit dem Ziel, den Vertrag zu schwächen. Aber er wird damit scheitern", betonte Clinton. Unter den 188 teilnehmenden Ländern sei der Iran das einzige, das den Vertrag immer und immer wieder verletze. "Deshalb nehmen die Ausgrenzung und der Druck auf den Iran zu, aus keinem anderen Grunde", erklärte die US-Außenministerin und forderte eine "harte Bestrafung" Irans durch verschärfte Sanktionen des UNO-Sicherheitsrats.

Vor den Reden Ahmadinedschads und Clintons hatte der Chef der Internationalen Atomenergie Organisation (IAEO), Yukiya Amano, vor den Delegierten gesagt, seine Behörde könne "weiter nicht bestätigen, dass der Iran sein Nuklearmaterial ausschließlich für friedliche Zwecke" nutze, "weil das Land nicht die nötige Bereitschaft zur Zusammenarbeit zeigt". Als "Signal der Offenheit und Transparenz" (Clinton) veröffentlichte das Pentagon gleichzeitig mit der Rede der US-Außenministerin erstmals seit 49 Jahren Informationen über den Umfang des US-Atomwaffenarsenals. Nach diesen Angaben verfügen die USA derzeit über 5.113 einsatzfähige Atomsprengköpfe. Seinen Höchststand hatte das US-Arsenal im Jahr 1967 während des Kalten Kriegs mit 31.255 Atomsprengköpfen erreicht.

Zum Auftakt der Überprüfungskonferenz warnte UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon vor einem neuen atomaren Rüstungswettlauf. Die fünf durch den NPT offiziell anerkannten Atommächte USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien müssten "ihren Willen zur Abrüstung bekräftigen", sonst drohe "ein Schritt zurück". Ban appellierte - ohne Nennung von konkreten Namen - an jene Staaten, die den Vertrag bislang nicht unterzeichnet haben, dies "so schnell wie möglich" zu tun.

Gemeint sind damit Indien, Israel und Pakistan, die seit Mitte der 1970er zu Atomwaffenstaaten wurden. Aus diesem Grund könnten sie dem NPT auch nur beitreten, wenn sie zuvor ihre Atomwaffenarsenale komplett verschrotten.

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18 Kommentare

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  • L
    Laila

    Womit er allerdings recht hat, der Herr Ahmadinedschad, hat er auch als Iraner recht.

  • A
    Andy

    An dem was Herr Ahmadinedschad gesagt hat, oder zumindest was in diesem Artikel drin steht ist doch nichts auszusetzen. Der Typ sagt klar, dass er eine Atomwaffenfreie Welt haben möchte.

     

    Warum gehen die anderen dann nicht darauf ein?

  • DL
    David Loetzner

    Wie ist es möglich das deutsche Delegierte während einer Rede den Raum verlassen, ohne zuvor harten verbalen Attacken ausgesetzt gewesen zu sein? Was ist mit dem viel beschworenen Dialog?

    Wer im Bewusstsein dieser Krise so handelt, verfolgt meines Erachtens andere Interessen.

  • D
    diabolo

    Ja,die Wahrheit hören manche nicht gerne.Ich wünschte

    die atomaren Mächte hätten anstatt immer neuen verbalen Attacken gegen Iran konkrete Vorschläge zur

    eigener Abrüstung gemacht. Aber das wollen sie ja

    nicht.Was sie sich selber erlauben soll den anderen

    Staaten verboten bleiben. Typisch westliche Heuchelei

    Und wie Beispiel Irak zeigt,wer nicht genug Stark ist

    und sich der Unterwerfung der USA verweigert riskiert

    angegriffen zu werden.Daher sind die aktivitäten des

    Iran nicht erfreulich aber verständlich

  • A
    aka

    Ja, ich kann das auch nicht nachvollziehen.

    Ist ein bisschen scheinheilig auf dem weltweit grössten Haufen Atonwaffen zu sitzen, diese sogar eingesetzt zu haben - und dann andere zu rügen.

    Hoffen die, dass es keiner merkt?

    Was der Westen m.E. endlich begreifen muss ist, das mit der Politik der Stärke und Einschüchterung nichts mehr zu holen ist. Ausser Terrorismus vielleicht. Es gibt Staaten, die leben in einem anderen kulturellen Kontext als der Westen (wahrscheinlich fällt es den USA am schwersten diese Punkt zu begreifen - weil dort Kultur seit jeher nur mit der Möglichkeit zum Konsum gleichgesetzt wird).

    Da ist DIALOG angesagt.

    Vor diesem Hintergrund finde ich es höchst albern, unerträglich arrogant und auch gefährlich, wenn die Delegationen einfach den Saal verlassen. Was ist das für ein Kindergarten?

     

    (Äh, vergesst den DIALOG - ich habe in meiner Betrachtung die Interessen der Rüstungsindustrie und der Stasi 2.0 nicht einbezogen. Diese Treffen und Konferenzen - alles Marketing, alles Fake)

  • DL
    David Loetzner

    Wie ist es möglich das deutsche Delegierte während einer Rede den Raum verlassen, ohne zuvor harten verbalen Attacken ausgesetzt gewesen zu sein? Was ist mit dem viel beschworenen Dialog?

    Wer im Bewusstsein dieser Krise so handelt, verfolgt meines Erachtens andere Interessen.

  • DH
    Dr. Harald Wenk

    Der iransiche Präsident ist bei der ersten Bedeutungsschicht der oreintalsichen Lehre, das Worte erst einmal gar nichts besagen "hängengeblieben".

  • A
    Amos

    Hätte der Amerikaner nicht jedes Land angegriffen, was den Imperialistischen Kapitalismus nicht will, so brauchten sich die Länder die ihre eigene Politik wollen auch nicht zu fürchten. Was will der Amerikaner auch jetzt noch mit mehr Atombomben. Er hat doch schon genug mit in seinen Sumpf gezogen. Man schaue sich nur Russland an. Im Gegensatz zu heute, war Russland unter

    Breschnew doch eine Vorzeige-Republik.

  • J
    jonas

    Naja, so wenig ich mir einen atomar bewaffneten Iran wünsche... Ahmadinedschads Argumente klingen nicht ganz falsch.

    Und wo ist der von Politikern immer wieder geforderte Dialog? Nun redet der Kerl mal mit westlichen Politikern anstatt sie über die Medien anzugreifen, nun liefert er mal (wie auch immer geartete) Vorschläge zur Eindämmung von Atomwaffen und dann verlassen wichtige westliche Delegationen den Raum?

     

    WTF? Danke Staat, dass ich dafür Steuern zahlen darf.

     

     

    Achja, nur damit ich das richtig verstehe:

     

    Indien, Pakistan und Israel können den Gesprächen über atomare Abrüstung und Nichtverbreitung nicht beitreten, weil sie erst alle eigenen Atomwaffen verschrotten müssten?

     

    Sollte das noch jemand bescheuert finden, bitte die Hand heben und bullshit schreien.

     

    Und wie kommen dann die anderen Atom-Mächte in die Konferenz?

  • H
    hanskanns

    Mal Ehrlich, seine Vorschläge für ein Weltweites Atomwaffen Verbot klingen doch vernünftig wie ich finde. Klar ist dass er kein wirklich guter Mensch ist aber ich kann verstehen dass man selbst erst abrüsten will wenn man sicher gehen kann, dass Länder wie die USA die gerne mal für Öl in Länder wie den Iran einziehen, ebenfalls abrüsten. Ich würde nicht anders reagieren.

  • F
    Franklin

    Da hat Herr Ahmadineschad der Frau Clinton die Schau gestohlen bei dieser Marketingveranstaltung.

     

    Warum haben die deutschen Diplomaten den Saal verlassen? Sind wir auch ein Atombombenstaat und benehmen uns dementsprechend, weil amerikanische Atombomben bei uns lagern? Ganz neue Perspektiven.

  • AB
    Anette Betina Roming

    Ich schäme mich für die Vertreter Deutschlands, weil - wer der Wahrheit den Rücken kehrt, ist meine Vertretung nicht. Und was das kritiklose Folgen dem Amerikanischen way of life für Konsequenzen hat, bekommt das deutsch Volk tagtäglich zu spüren.

  • A
    aha

    Oh, ein nie zuvor dagewesener Artikel über Ahmadinedschad vs. USA und den Rest der Welt!

    Immer die gleiche Leier, Herr A. redet vorm Sicherheitsrat und findet deutliche Worte und sich zuerst empörende, dann verschwindende Zuhörer.

    Man muss es den Leuten ja immer wieder erklären, wer gut und wer böse ist auf dem Planeten...

    Wo bleiben die Fragen über den Zweck des Verschwindens der Delegationen wenn Herr A. die weltweite Beseitigung von Atomwaffen fordert und gleich auch die Forschung dieser "Wissenschaft" ächtet?

    Wenn er die USA anklagt, Atomwaffen gegen die Zivilbevölkerung Japans eingesetzt zu haben und die Amerikaner und ihren pseudo-Anti-Atom-Friedens- und Freiheitskampf für die Welt damit brüskiert?

    Wenn der Iran an der Entwicklung von A-Waffen gehindert werden soll stimmen alle das gleiche Liedchen an, aber die USA? Die dürfen natürlich alles haben, ganz wie es ihnen beliebt.

    Arschleckerei vom Feinsten. Was soll dieser sinnlose Beitrag lieber Andreas? Wir wissen doch nun wie es läuft und es läuft dreckig. Schön, dass sie sich nicht weiter davon stören lassen.

    Dumm-dümmer-taz.

    Macht eure Bude zu, ihr habt null Existenzberechtigung.

  • N
    Nigredo

    Er "forderte die weltweite Abschaffung aller Atomwaffen sowie "völkerrechtlich verbindliche Maßnahmen, um Entwicklung, Produktion, Lagerung, Instandhaltung, Modernisierung und Weiterverbreitung von Atomwaffen" zu unterbinden."

     

    So sehn also im Westen Verbrecher aus, vor denen man schnell aus dem Saal flüchtet.

    Igitt!

  • V
    Volker

    Der Iran tut nichts falsches aber die Zionisten bedrohen die ganze Umgebung mit ihren Massenvernichtungswaffen.

  • RJ
    Riga, Josef

    So, so, die Atomenergie-Behörde in Vienna kann also nicht bestätigen, dass Iran sein Potential ausschliesslich friedlich nutzt? Das erinnert doch fatal an die Argumentation der USA gegenüber Sadaam, er könne nicht beweisen, dass er k e i n e Massenvernichtingswaffen besitze, als müsse man den Irak angreifen und unterwerfen. So "argumentierte" auch immer Senor Torquemada, Großinquisitor der Römischen Kirche, wenn es galt einen Ketzer zu liquidieren: bekenne, dass Du mit dem Satan im Bund bist. Was, das kannst Du nicht? Dann wirst Du gefoltert, bis Du es zugibst, oder tot bist. (Wenn Du es zugibst, wirst Du auch bald tot sein)

    Das ist die Logik, mit deren Hilfe Staaten wie der IRAN auf Linie gebracht werden sollen.

    No pasaran!

  • V
    vic

    Die Willigen verlassen den Saal und die deutsche Delegation trippelt brav mit.

    Obwohl Ahmadinedschad nicht mehr oder weniger lügt und pokert als Obama und Clinton. Und außerdem hat Ersterer in vielen Punkten ganz einfach recht.

  • H
    harun

    nach universalethischen kriterien hat ahmadinedshad zweifellos recht- es widerspricht dem gleichheitsgrundsatz, daß wenige länder,die meisten von ihnen noch behaftet mit dem kolonialistischen verbrechen, über atomwaffen verfügen.

    auch israel, das von clinton vorsichtshalber nicht erwähnt wird, stellt durch diese über-bewaffung für seine nachbarn objektiv eine bedrohung dar.

    all diese tabus und lebenslügen der heutigen us-dominierten kaputtalistischen "welt-u n ordnung" dürfen natürlich auch von der brd-regierung nicht angerührt werden.

    ein schwerer sozial-ethischer verstoß und für die over-kill-atommächte einladend zum machtmißbrauch.

     

    was die hetze gegen die evtl. atomwaffen irans angeht: selbst wenn er die atomwaffe hätte- seit dem kalten krieg weiß man, sie anzuwenden wäre selbstmord und selbstmörderisch scheint er mir nun wirklich nicht zu sein.