Atomverhandlungen in Lausanne: Iran-Sanktionen als Streitpunkt
Bei den Verhandlungen konnte auch nach Ablauf der selbst gesetzten Frist keine Einigung erzielt werden. Russland und Iran signalisieren aber Fortschritte.
GENF taz | Die seit Donnerstag vergangener Woche laufenden Verhandlungen in Lausanne zwischen Iran und den fünf Vetomächten der UNO sowie Deutschland („5+1-Ländergruppe“) über das iranische Atomprogramm haben trotz einer zunächst eintägigen Verlängerung über die ursprünglich vereinbarte Frist am Dienstag um Mitternacht hinaus auch bis Mittwochnachmittag zunächst keine Vereinbarung erbracht. Eine Fortsetzung der Verhandlungen auch am heutigen Donnerstag wurde nicht ausgeschlossen.
Während die Außenminister Russlands und Irans mit zahlreichen Behauptungen über erzielte Fortschritte und Detailvereinbarungen Zuversicht auf ein baldiges Abkommen zu verbreiteten suchten, zeigten sich ihre Amtskollegen aus den USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland eher skeptisch und betonten die noch vorhandenen Schwierigkeiten.
Einziger Konsens war der Satz „kein Detail ist endgültig vereinbart, solange nicht das ganze Paket unter Dach und Fach ist“. Bei diesen Verhandlungen ist keine Detailfrage ausschließlich technischer Natur und daher vermeintlich isoliert lösbar, sondern hat immer auch politische Brisanz. Und viele Detailfragen sind dazu noch miteinander verknüpft.
So ist zum Beispiel die nach Darstellung einiger Unterhändler bereits vereinbarte Zahl der Zentrifugen zur Urananreicherung, die Iran unter einem Abkommen noch betreiben darf, davon abhängig, ob Teheran zugleich auf die Verfügung über die bereits vorhandenen Vorräte von 8.000 Tonnen leicht angereichertem Uran verzichtet. Und entscheidend ist auch die am Mittwoch immer noch umstrittene Frage, wie viele der künftig noch erlaubten Zentrifugen älteren Datums sind oder modernere und leistungsfähigere Modelle, mit denen sich schneller anreichern lässt.
Knackpunkt Sanktionen
Weiterhin offen war am Mittwoch auch, ob Iran während der wahrscheinlich zehnjährigen Laufzeit des geplanten Abkommens die Forschung und Entwicklung im Bereich der Urananreicherung betreiben darf.
Als schwierigste Streitpunkte erwiesen sich in den letzten beiden Verhandlungstagen die Fragen, ab wann, wie schnell und nach welchen Modalitäten die gegen Iran vom UNO-Sicherheitsrat sowie von den USA und der EU verhängten Sanktionen aufgehoben werden, und wie die Sanktionen im Falle einer Vertragsverletzung durch Iran wieder in Kraft gesetzt werden können.
Iran drängt drauf, dass insbesondere die gegen den Öl- und den Bankensektor des Landes verhängten Sanktionen möglichst bereits bei Inkrafttreten eines künftigen Abkommens vollständig aufgehoben werden.
Die USA und Frankreich vertraten zunächst die gegenteilige Extremposition. Sie wollten mit der Aufhebung von Sanktionen erst nach einer mehrjährigen Phase beginnen, während der Iran zunächst seine Vertragstreue unter Beweis stellen müsse. Zudem bestanden Washington und Paris darauf, dass das iranische Nuklearprogramm auch nach Ablauf des auf zehn Jahre vereinbarten Abkommens, für weitere fünf Jahre gewissen Einschränkungen sowie verschärfter Überwachung durch die Internationale Atomenergie Organisation (IAEO) unterliegen solle. Das wird von Teheran strikt abgelehnt.
Die Positionen Deutschlands und Großbritanniens liegen in dieser Streitfrage näher bei der amerikanischen und französischen Haltung, die Russlands und Chinas näher an der iranischen.
Ein veritabler Konflikt zwischen den fünf Vetomächten herrscht zudem über die Frage, wie die bereits aufgehobene Sanktionen im Fall einer Vertragsverletzung durch Teheran wieder in Kraft gesetzt werden können. Die Außenminister aus Washington, Paris und London plädieren für einen Automatismus. Russland und China lehnen dies strikt ab und verlangen, dass jede künftige Sanktionsentscheidung einen neuen Beschluss des UN-Sicherheitsrates in New York erfordert.
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