Atommüll-Endlagersuchgesetz: Rot-grün-schwarzer Ärger aus Berlin
Die Wahlsieger aus Niedersachsen fühlen sich beim Konsens zum Endlagersuchgesetz für Atommüll ausgebootet. Nun dürfen sie doch mitreden.
BERLIN taz | An den weiteren Verhandlungen von CDU, SPD und Grünen über das geplante Endlagersuchgesetz wird nun doch die neue niedersächsische Landeregierung beteiligt. „Die Beratungen über das Endlagersuchgesetz werden nach der Konstituierung der neuen niedersächsischen Landesregierung fortgesetzt“, sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin gestern der taz.
Im von der Endlagersuche wegen Gorleben besonders betroffenen Niedersachsen steht nach dem Sieg von Rot-Grün bei der Landtagswahl am 19. Februar die Kür des neuen Ministerpräsidenten an. Die Gespräche über das Endlagersuchgesetz, die Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU), Grünen-Fraktionschef Trittin und SPD-Chef Sigmar Gabriel mit betroffenen Bundesländern führen, sollten aber zunächst bereits am kommenden Sonntag weitergehen.
Damit hätte der in Hannover noch amtierende Regierungschef David McAllister (CDU) dem mittlerweile weitgehend fertig gestellten Gesetzentwurf noch den niedersächsischen Segen geben können. Trittin sagte nun aber, er habe Umweltminister Altmaier darauf hingewiesen, dass „es nur Sinn macht, mit einer geschäftsfähigen und nicht mit einer noch geschäftsführenden Landesregierung zu verhandeln“.
Zuvor hatte der designierte niedersächsische Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) Protest angemeldet und vor Schnellschüssen bei der Endlagersuche gewarnt. „Ich erwarte von allen Beteiligten, dass Gespräche über ein Endlagersuchgesetz erst dann fortgeführt werden, wenn eine neue niedersächsische Landesregierung im Amt ist“, sagte er. Es dürfe nicht passieren, „dass das von dieser Frage besonders betroffene Bundesland jetzt überfahren wird“.
Altmaier hatte einen neuen, auf Arbeitsebene formulierten Entwurf des Endlagersuchgesetzes am Wochenende an den Noch-Regierungschef McAllister geschickt. Unter der Begleitmail standen auch die Namen von Trittin, Gabriel und des baden-württembergischen Regierungschefs Winfried Kretschmann (Grüne).
Völlig unangemesses Vorgehen
Die rot-grün-schwarze Mail aus Berlin an die noch amtierende Landesregierung in Hannover ärgerte auch den niedersächsischen Grünen-Faktionschef Stefan Wenzel, der als neuer Landesumweltminister im Gespräch ist. „Die Idee, mit der abgewählten Landesregierung über das Endlager-Gesetz zu sprechen, finde ich völlig unangemessen“, sagte Wenzel der taz. Dass Trittin dieses Vorgehen mitgetragen habe, sei erstaunlich. „Hier gibt es Gesprächsbedarf“, sagte Wenzel nun. „Denn ich bin bisher davon ausgegangen, dass alle weiteren Schritte mit der künftigen Landesregierung abgestimmt werden.“
In Niedersachsen stößt allerdings nicht nur der Umgang mit dem neuen Gesetzesvorschlag, sondern auch dessen Inhalt auf Kritik. Das pluralistisch zusammengesetzte Gremium, das nach dem neuen Entwurf die Endlagersuche begleiten soll, solle mitreden, dürfe aber selbst keine möglichen Endlagerstandorte vorschlagen und auch keine Vorschläge des mit der Suche zu betrauenden Bundesinstituts zurückweisen, bemängelte der Sprecher der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, Wolfgang Ehmke.
Ehmke kritisierte zudem, dass das Suchgesetz eine Auswahl des endgültigen Endlagerstandorts durch den Bundestag vorsieht. Dies nehme betroffenen Anwohnern, die Möglichkeit, gegen Mängel bei der Standortauswahl zu klagen, sagte Ehmke. Gegen das endgültige Standortgesetz könne man nur noch direkt vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.
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