Stefan Wenzel über Endlagersuchgesetz: „Alles andere als ergebnisoffen“
Niedersachsens grüner Umweltminister Wenzel über die Gründe für Ablehnung des Endlagersuchgesetzes, fehlende Kriterien und eine mögliche Verfassungsklage.
taz: Herr Wenzel, Sie treffen sich an diesem Freitag erstmals mit Bundesumweltminister Peter Altmaier, um das geplante Endlagergesetz zu beraten. Ist eine Einigung in Sicht?
Stefan Wenzel: Nein. Denn der Gesetzentwurf scheint bisher vor allem darauf angelegt zu sein, Gorleben als Standort durchzusetzen. Die Bundesebene verlangt, dass Niedersachsen die Landeskompetenzen bei Bergrecht, Wasserrecht und Planfeststellung aufgibt und Gorleben gleichzeitig im Verfahren bleibt. Damit birgt der Entwurf die Gefahr, dass ein rechtlich höchst angreifbarer Planungsstand in Gorleben letztlich legitimiert wird.
Das Gesetz formuliert doch, wie von den Grünen zuvor gefordert, konkrete Standortbedingungen. Halten Sie diese für geeignet, um Gorleben im Laufe des Verfahrens auszuschließen?
Keineswegs. Die im Gesetz aufgeführten Kriterien stammen offenbar aus dem Jahr 2002 und wurden vor dem Asse-Desaster entwickelt. Sie scheinen zudem so gewählt zu sein, dass sie Granit als Endlagermedium faktisch ausschließen und letztlich auf Salz hinauslaufen. Trotzdem fehlt ein Kriterium, das ein ungestörtes Deckgebirge und eine vollständigen Überdeckung mit Ton fordert, obwohl das früher bei Salz als unverzichtbar galt. Auch Abwägungskriterien fehlen. Das erscheint mir alles andere als sachgerecht und ergebnisoffen.
Dennoch hat Ihr Bundestagsfraktionschef Jürgen Trittin eine Einigung auf Grundlage dieses Gesetzentwurfs für möglich erklärt. Woran liegt das?
Diese Einschätzung galt möglicherweise vor der Landtagswahl in Niedersachsen.
Halten Sie es für möglich, dass Niedersachsen beim Endlagergesetz von den anderen Ländern einfach überstimmt wird?
Das wäre das Gegenteil von Konsens. Wer über einen solchen Schritt nachdenkt, riskiert eine Verfassungsklage.
Welche Punkte müssten sich ändern, damit Niedersachsen zustimmt?
Die Landesregierung wird eigene Vorschläge machen, um einen gesellschaftspolitischen Konsens in dieser Jahrtausendfrage zu erreichen. Wir sind aber gebrannte Kinder. Mit dem Standort Morsleben in der Nachbarschaft haben wir momentan vier Endlagerstandorte für Atommüll in Niedersachsen, davon zwei havarierte. Wir kennen die Ursachen und sind deshalb der festen Überzeugung, dass Gorleben ungeeignet ist. Deshalb muss Gorleben jetzt endgültig aufgegeben werden.
Rechnen Sie noch mit einer Einigung vor der Bundestagswahl?
Denkbar ist das. Die Landesregierung nimmt derzeit eine juristische Prüfung vor. Wir werden sehen, ob man uns zuhört und ob man unsere Vorschläge ernst nimmt.
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