: Atomindustrie klagt
■ Schadensersatzansprüche gegen Niedersachsen und Schleswig-Holstein
Hannover (taz) – Die Essener Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) hat Niedersachsen beim Landgericht Hannover auf Schadensersatz verklagt. Damit soll die Haftungspflicht des Landes für Verzögerungen beim Bau der Pilotkonditionierungsanlage (PKA) in Gorleben festgestellt werden. In der Anlage, in der abgebrannte Brennelemente in Endlagerbehälter verpackt werden sollen, ruhten von Herbst 1993 bis Frühjahr 1994 die Bauarbeiten. Die noch nicht endgültig bezifferte Forderung der GNS liegt zwischen 15 und 25 Millionen Mark.
Den Baustopp für die PKA hatte die GNS damals allerdings nicht nur selbst zu verantworten, sondern sie hatte die Arbeiten sogar von sich aus eingestellt. Im Herbst 1993 war bekanntgeworden, daß die GNS in Gorleben anders baute, als es die erste Errichtungsgenehmigung für die Anlage vorschrieb. Am Rohbau hatte das Tochterunternehmen der großen deutschen Energieversorger gleich 25 Änderungen vorgenommen, ohne dafür die erforderlichen Genehmigungen einzuholen. Der verantwortliche Bauingenieur mußte daraufhin seinen Hut nehmen.
Das Umweltministerium legte damals auch die im Juni 1993 beantragte zweite Teilerrichtungsgenehmigung für ein Jahr aufs Eis, weil es Zweifel an der atomrechtlich geforderten Zuverlässigkeit der GNS hatte. Mit der zweiten Genehmigung in der Tasche hätte man trotz des selbstverschuldeten Baustopps schneller bauen können, meint nun die GNS. Als „absurd und lächerlich“ hat Niedersachsens Umweltministerin Monika Griefahn die Schadensersatzklage tituliert.
Schleswig-Holstein sah sich zum Wochenende ebenfalls einer Klage der Atomindustrie gegenüber. Der Betreiber des AKW Brunsbüttel, die Hamburgischen Electricitätswerke, hat auf Zustimmung zum sofortigen Wiederanfahren ihres Rekators geklagt. Er befindet sich zur Zeit in Revision. Hintergrund der Klage sind wiederum mögliche Schadensersatzansprüche: Einen Prozeß wegen eines zweijährigen Stillstands von Brunsbüttel hatten die HEW verloren, weil sie damals das Wiederanfahren des Reaktors nicht eingeklagt hatten. Jürgen Voges
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