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Atomausstieg in DeutschlandRückbau könnte deutlich billiger werden

Unternehmensberater haben die Kosten des Rückbaus der deutschen AKW berechnet. Die errechneten 18 Milliarden Euro liegen deutlich unter den Rückstellungen der Konzerne.

Inzwischen ist das AKW Phillipsburg 1 stillgelegt: Was wird der Rückbau kosten? Bild: dapd

DÜSSELDORF taz | Der Rückbau der deutschen Atomkraftwerke wird die Betreiber offenbar nur einen Teil ihrer bisherigen Rückstellungen für diesen Zweck kosten. Wie das Handelsblatt berichtet, müssen Eon, RWE, EnBW und Vattenfall mit Kosten von mindestens 18 Milliarden Euro rechnen, bis die 17 vom Ausstiegsbeschluss betroffenen Atomkraftwerke abgerissen und entsorgt sind. Das Handelsblatt beruft sich dabei auf eine Studie der Unternehmensberatung Arthur D. Little (ADL), die Atomkonzerne berät.

Allerdings hatten die Atomkonzerne bis zum Ende des Jahres 2010 schon mehr als 28 Milliarden Euro für Stillegung und den Rückbau zurückgelegt. Laut ADL betragen die Kosten des Rückbaus nun zwischen 670 Millionen bis 1,2 Milliarden Euro pro Anlage. Die Atomkonzerne hatten bisher keine konkreten Zahlen genannt.

Die Atomkonzerne sind durch das Atomgesetz verpflichtet, Rückstellungen für die Stilllegung und den Rückbau der Atomkraftwerke sowie für die Entsorgung des radioaktiven Mülls zu bilden.

Die Rückstellungen bringen den Atomkonzernen wirtschaftliche Vorteile. Erstens kann das Geld für Investitionen innerhalb des Konzerns eingesetzt werden und spart so Zinsen. Zweitens werden so Steuerzahlungen in die Zukunft verschoben und bringen ebenfalls einen Zinsvorteil. Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft hatte berechnet, dass die Konzerne so in den vergangenen Jahrzehnten de facto Subventionen in Höhe von 68 Milliarden Euro erhielten.

Angesichts der Energiewende wurden dieses Jahr acht Atomkraftwerke unmittelbar stillgelegt. Bis 2022 sollen auch die restlichen neun Anlagen außer Betrieb genommen werden. LRS

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10 Kommentare

 / 
  • RF
    Rechnung falsch

    Für lächerliche 18 Milliarden kann noch nicht einmal ein AKW so verschrottet werden, daß die Stelle, an der es stand, wieder als Ackerfläche taugt. (Ohne Lagerkosten, die kommen noch extra)

    Aber das ist ja kein Problem, wie in Jülich und bei der Asse werden die Kosten sowieso dem Steuerzahler aufgehalst und, das drückt die Summe gewaltig, die Standards gesenkt, eine Dekontamination der Umgebung ist einfach nicht vorgesehen, weil ja nie etwas kontaminiert wurde :-).

    Die Leukämieerkrankten um die AKWs haben sich das wohl eingebildet und die verstrahlten Arbeiter gehen zurück nach Rumänien oder verschwinden in tollen Statistiken.

    Die Rückstellungen für die Betreiberkonzerne sind also so gesehen tatsächlich hoch genug.

     

    An Peter S.: Wo trägt die Atomindustrie denn die Beseitigung der Folgen in der Asse? Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis, darum geht es hier doch!

     

    Und ja, ilmtalkelly, selbstverständlich wird das Zeug leider irgendwann als Wertstoff deklariert werden und als solcher die russische Taiga oder die Ozeane verstrahlen, weil es dann irgendwie doch nicht geklappt hat, bei der Rechnung fünf mal fünf eine eins herauszubekommen.

    Stichwort Transformation, der kalte Kaffee der sog. Wiederaufbereitung in neuer Verpackung.

    Ist schon in Arbeit, Veröffentlichungen zur "Neubewertung der Atommüllfrage" gibt es schon, die den Weg hierhin bereiten.

     

    An ilmtalkelly:

    Nicht Umweltverbände sollten gewarnt sein, denen ist seit 30 Jahren klar wie es läuft, sondern jeder Stromverbraucher, Konsument, Urlauber, Wähler, Arbeitnehmer.....

  • X
    xyz

    Kommunizieren sie eig. in der Redaktion ?

     

    Wie kann es dazu kommen das am selben Tag aus dem Handelsblatt Artikel zwei inhaltlich so unterschiedliche Beiträge entstehen, die dazu noch direkt untereinander stehen?

     

    "Rückbau könnte deutlich billiger werden" vs "Studie unterschätzt Rückbaukosten" die Artikel sind in unterschiedlichen Städten entstanden aber von einem Medium wie der Taz erwarte ich dennoch eine klarere Position.

     

    Inhaltlich sehe Ich die Steuerersparnisse klar als Subvention an, wenn hier behauptet wird das das die Rückstellungen durch Stuergesetzt gedeckt so ist dies richtig. Subvention bedeutet jedoch nichts anderes als "zuhilfe kommen" wenn der Staat dem Betrieb also Steuern erlässt so ist dies Subvention!

     

    Ja jeder Betrieb der Steuerersparnisse geltend machen kann, wird Subventioniert...

     

    Ob das Geld direkt vom Staat zum Betrieb fliesst oder vom Betrieb weniger Geld zum Staat macht allenfalls in einer Milchmädchenrechnung unterschied!

  • I
    ilmtalkelly

    @ Peter. S

    Mein Beitrag ist als persön. hyppoth.Forderung in der Sprache der ignorierenden Frechheit zu verstehen. Daraus könnte in Zukunft Verbindlichkeit entstehen, täten es nur genug.

    Dein" da kann man leider nichts machen " haben Politiker in Vergangenheit bei Vertragsbrüchen schon öfter missachtet.

    Unsittliche und menschenfeindliche Verträge kann ich nicht ernst nehmen auch wenn dir (schein)-heiliges Recht dabei wertvoller erscheint.

  • NL
    Neue Linke

    Die neue Linke sollte mal bitte mehr mitdenken.

     

    Wie man sieht, sollte man solche Rechnungen in Artikeln klarer machen.

    Auch machen viele keine eigene Steuererklärung so das nicht mal das Kuchenmodell bekannt sein dürfte. Auch mit für solche ein Zielgruppe schreibt man solche Artikel. Also bitte leicht präziser erklären.

     

    @PeterS: Die Subvention kommt daher, das ihnen erlaubt wird, (vielleicht nur vermeintlich) überhöhte Subventionen zurückzulegen und "später irgendwann mal" zu versteuern statt heute schon zu besteuern und weniger zu sparen.

    Die neue Linke würde anmerken:

    Später sind die Steuern normalerweise höher als heute.

    Kapitalismus ist (u.a. laut Moore) durch Pseudokapitalismus aka Managerismus ersetzt worden.

    Statt die Zilliarden an die Aktionäre (Pensionsfonds, Gewerkschaften, Rentner, Bürger, Rentenversicherungen,...) auszuzahlen tun Manageristen alles, um den Buchwert des Unternehmens zu steigern um noch mehr Hierarchien und noch viel mehr Gehalt zu kriegen. "Bilanz-Bläh-Sucht" nennen das die Erfinder der Internet-Sucht und Sauerstoff-Sucht und Kaffee-Sucht und Fußball-Sucht. Pyramiden brauchen Wachstum nach oben.

    Die alte Linke glauben hingegen noch an Großkapitalisten. Wer hat mit der dritten Tranche oder Schrott-Immobilien oder Madoff oder Lebensversicherungen oder Häusle-Kauf voll die gigantischen Gewinne gezogen ? Na also.

    Statt das Geld auszuzahlen wird wahllos dazugekauft.

    Den Staat und Marktminister interessiert das nicht. Lösungen wären elegant einfach und problemlos durchsetzbar. Wenn man eine gute Presse hat.

  • M
    Marcus

    68 Milliarden Steuerforteile durch Rückstellungen von 28 Milliarden! Ich dennke jedem der weiter als 3 Zählen kann ist klar wie unmöglich das ist. Vorstellbar währen 68 Millionen auch wenn mir das wieder als etwas zu wenig erscheint. Auf jeden Fall sind die Zahlen in dem Zusammenhang unsinnig.

     

    ***

     

    Anm. der Redaktion: Die Zahlen sind so in der verlinkten Studie berechnet (vgl. Seite 5) und beziehen sich auf den Zeitraum 1950-2010, inflationsbereinigt. Nominal beträgt der Wert 54 Mrd. Euro. Der Wert ist nach Erscheinen der Studie nicht bestritten worden, nur die Einschätzung, dass es sich dabei um eine Subvention handele - wie andere Kommentatoren unten auch.

  • PS
    Peter S.

    @ ilmtalkelly u.a. Nachzulesen im Atomgesetz, sinngemäß: Der Bund sucht und betreibt das Endlager, die Müllverursacher zahlen dafür die Beiträge. Gegenteilige Behauptungen sind falsch.

  • R
    reclaim

    Ja, klar. Ist ja immer so bei solchen Großprojekten: Am Ende war alles viel billiger, als anfangs geschätzt...

     

    (wer Ironie oder gar Zynismus findet, darf sie/ihn gerne behalten)

  • I
    ilmtalkelly

    Hoffentlich geht die Erparniss nicht auf Kosten von Billig- Entsorgungsstandorten wie das russ. Majak.

    Ich denke, da ist wie immer idealhypothetisch im Interesse der Betreiber kalkuliert worden. Umweltverbänden sollte das ein Warnzeichen sein.

    Bleibt dann doch noch was von der Rückstellung übrig, muss das selbstverständlich für die Lagerung ihres Atommülls bereitstehen.

    Da hätten sie wenigsten einen, wenn auch nur hömeopath. Beitrag zur Abtragung ihrer Schuld geleistet.

  • PS
    Peter S.

    Jeder Investor, nicht nur KKW-Betreiber, welcher in Deutschland einen Betrieb errichtet, ist gesetzlich verpflichtet, Rückstellungen zu bilden. Diese Rückstellungen sind dazu da, dass nach dem Ende des Betriebes dieser zurückgebaut werden kann. Jeder Investor, nicht nur die bösen KKW-Betreiber, kann diese Rückstellungen steuerlich geltend machen. Das ist unser Steuerrecht. Dieses als Subvention für die KKW-Betreiber zu bezeichnen, ist schlichtweg gelogen, da jeder Betrieb in Deutschland diesen Vorschriften unterliegt und somit subventioniert wäre. Auf diese Weise kommen dann auch die abenteuerlichen Zahlen von Greenpeace über die Höhe von „Subventionen“ für die Kernkraft und anderem Teufelszeug zusammen.

  • S
    Sikasuu

    Rückbau der AKW's?

    .

    Die Kosten für Lagerung der ALT-Brennstoffe sind aber darin nicht enthalten?

    .

    Bestimmt auch nicht, wer dafür zahlt, das leicht bis mittelradiakative Abfälle gelagert werden.

    .

    Etwas mehr infos aus der Studie hätten gut getan!!