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Asyl in DeutschlandSchutzquote von Frauen aus der Türkei sinkt deutlich

Mehr Frauen aus der Türkei suchen in Deutschland Schutz, doch die Zahl positiver Asylentscheide sinkt. Am schwersten haben es Kurdinnen.

Protest gegen den Ausstieg der Türkei aus der Istanbul-Konvention 2021 auf dem Taksim-Platz in Istanbul Foto: Osman Sadi Temizel/imago

Berlin taz | Immer weniger Frauen aus der Türkei bekommen in Deutschland Schutz. Wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Clara Bünger hervorgeht, explodierte die Zahl der Anträge von Frauen mit türkischem Pass seit 2018 zwar, doch die Zahl der Schutztitel für Frauen sank im gleichen Zeitraum. Die Zahl von Schutztiteln aufgrund geschlechtsspezifischer Gewalt stagniert, obwohl sich die Situation für Frauen in der Türkei wohl deutlich verschlechterte.

Bis zum Jahr 2021 lag die Zahl der Asylanträge türkischer Frauen jährlich fast immer unter 4.000. Ab 2022 stieg die Zahl dann zunächst auf 6.000 und im darauffolgenden Jahr auf über 20.000. 2024 waren es 10.000. Der allergrößte Teil dieser Frauen waren Kurdinnen.

Grund für den massiven Anstieg dürfte zum einen die immer autoritärere Politik des Erdogan-Regimes sein, genauso wie die anhaltende Wirtschaftskrise und das massive Erdbeben Anfang 2023. Doch auch geschlechtsspezifische Gewalt dürfte eine Rolle spielen. Die Türkei ist 2021 aus der Istanbul Konvention zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ausgetreten.

Doch während die Antragszahlen so deutlich stiegen, sanken die positiven Asylentscheide im gleichen Zeitraum. Lag deren Zahl 2018 und 2019 noch knapp über 1.000, sank der Wert 2021 auf nur mehr 400 und bewegt sich seitdem stets zwischen 400 und 800.

Frauen flüchten auch vor misogyner Gewalt

Nach wie vor entfallen zwischen einem Zehntel und einem Fünftel der Schutzgewährungen auf Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt. Und: Kur­d*in­nen bekommen noch seltener Schutz als Frauen „türkischer Volkszugehörigkeit“, wie es die Bundesregierung in ihrer Antwort formuliert.

Clara Bünger nennt es „nicht nachvollziehbar“, dass Kur­d*in­nen so selten Asyl erhalten. „Das Erdoğan-Regime wird immer autoritärer und geht besonders brutal gegen Oppositionelle, Linke und Kur­d:in­nen vor.“

Außerdem findet die Linken-Abgeordnete: „Geschlechtsspezifische Verfolgung ist politisch und muss vom BAMF als solche ernst genommen und anerkannt werden.“ Immer wieder machten betroffene Frauen die Erfahrung, dass ihnen Schutz verweigert werde. „Diese Praxis muss sich ändern.“

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3 Kommentare

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  • Es gibt eine sehr lange Liste von sachlich nüchternen Urteilen zahlreicher Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte die zu dem Schluss kommen dass es keine Gruppenverfolgung von türkischen Staatsbürgern allein wegen der kurdischen Volkszugehörigkeit in der Türkei gibt. Jede Asylbewerber/in muss glaubhaft gelten machen dass ihm/ihr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine individuelle Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe im Herkunftsland droht ohne dass sie auf Internen Schutz dort verwiesen werden kann. Das ist seit Jahrzehnten geltendes Recht in Deutschland was praktisch 1:1 aus der Genfer Flüchtlingskonvention abgeschrieben wurde. Geringe Anerkennungsquoten sind darauf zurückzuführen dass die gesetzlichen Vorrausetzungen für eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nur in wenigen Fällen vorliegen.

  • Die türkische Wirtschaftskrise und das große Erdbeben vor zwei Jahren in der Osttürkei und Syrien sind bestimmt Migrationsgründe, aber keine Gründe in einem Asylverfahren. Hier werden schon wieder diese beiden Dinge Asyl und Migration miteinander vermischt.

  • Man muss es nicht gut finden, aber



    - schlechte wirtschaftliche Lage (Erdbeben)



    - häusliche Gewalt



    - Unzufriedenheit mit Erdogan



    sind nun mal keine Asylgründe. Und auch keine Gründe für subsidiären Schutz.



    Warum versuchen diese Menschen nicht über ein Arbeitsvisum zu kommen?