Asyl 1: Verhärtete Fronten
Im Streit um den Oranienplatz bleiben alle Seiten hart. Der Regierende Wowereit stützt das Vorgehen von Innensenator Henkel. Hilft ein Runder Tisch?
![](https://taz.de/picture/133654/14/dpahenkel_03.jpg)
Bringt ein Runder Tisch die Lösung für den Oranienplatz? Die Caritas schlug am Donnerstag einen Gesprächskreis zur Berliner Asylpolitik vor (s. unten). Monika Herrmann (Grüne), Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, zeigte sich über die Idee „begeistert“. „Es ist längst an der Zeit, dass das Land Lösungen für die Flüchtlinge in dieser Stadt findet.“ Dafür sollten sich Senat, Kirchen und Initiativen zusammensetzen.
Auch Innensenator Frank Henkel (CDU) zeigte sich „prinzipiell“ aufgeschlossen. Er aber will die Asylgespräche von der Oranienplatz-Frage abkoppeln. Vor einem Runden Tisch, sagte Henkel, müssten die „unsäglichen Zustände in Kreuzberg beendet werden“. Erst dann ließe sich wieder sachlich über Flüchtlingspolitik reden. „Die Leidtragenden der Kreuzberger Zustände sind all die Asylbewerber, die sich an Recht und Gesetz halten und in der derzeitigen Debatte untergehen.“ Henkel dämpfte aber die Erwartungen an einen Runden Tisch: Dabei könne es „nur um Fragen einer besseren Koordinierung gehen, nicht um Rechtsänderungen“.
Zuletzt war es zu heftigem Streit um den von Flüchtlingen besetzten Oranienplatz gekommen. Henkel hatte Herrmann ein Ultimatum gestellt, bis zum 16. Dezember das dortige Protestcamp zu räumen. Der Bezirk hatte einen Zeltabbau am Sonntag abgebrochen, nachdem Flüchtlinge sich weigerten, den Platz zu verlassen. Inzwischen lehnt das Bezirksamt eine Räumung ab: Die Zelte würden nur gemeinsam mit den Flüchtlingen abgebaut.
Henkel bekräftigte am Donnerstag sein Ultimatum. Laut Senatssprecher Richard Meng hat Henkel auch die Rückendeckung des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit, „dass der rechtswidrige Zustand auf dem Oranienplatz beendet werden muss.“ Es gebe Regeln und die würden für alle in der Stadt gelten. Auch die CDU-Fraktion stellte sich hinter Henkel.
Das Bezirksparlament in Friedrichshain-Kreuzberg stellte sich am Mittwochabend hingegen hinter Herrmann. „Eine Räumung kommt nicht in Frage“, verabschiedeten alle Fraktionen außer der CDU eine Resolution. Eine „Gewaltanwendung“ gegen die Flüchtlinge sei „unverhältnismäßig“. Auch ein CDU-Antrag, die ebenfalls von Flüchtlingen besetzte Schule in der Ohlauer Straße „unverzüglich“ zu räumen, wurde abgelehnt.
Drei Stunden Diskussion
Drei Stunden wurde über den Oranienplatz diskutiert, die Sitzung verlief turbulent. 300 Flüchtlinge und Unterstützer hatten den Saal besetzt und Banner aufgehangen. Flüchtlinge setzten sich auf die Plätze der Stadträte, kaperten das Mikro. Auf der Tribüne wurden Parolen gerufen und Joints geraucht. Erst nach 45 Minuten setzten sich die Protestler hinter die Stadträte. Ein Unterstützer übersetzte über das Saalmikro fortan jeden Redebeitrag auf Englisch. Die CDU verließ den Saal, nachdem ein von ihr beantragter Abbruch der Sitzung abgelehnt wurde.
Der Präsident des Abgeordentenhauses Ralf Wieland (SPD) verurteilte die Tumulte. „Ich bin bestürzt, dass ein demokratisch gewähltes Gremium in einer so aggressiven und unverhältnismäßigen Art und Weise attackiert wurde.“ Herrmann sah‘s entspannt: Kreuzberg habe eben eine „aktive Bewohnerschaft“. Am Ende hätten alle „konzentriert“ miteinander diskutiert.
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