Arzt gekündigt in der Coronapandemie: Kein Vertrauen mehr übrig

Das Bezirksamt Treptow-Köpenick hat dem Arzt Denis Hedeler gekündigt – maßgeblich auf Betreiben eines AfD-Stadtrats.

Denis Hedeler, gekündigter Arzt im Bezirksamt Treptow-Köpenick Foto: Wolfgang Borrs

BERLIN taz Mitten in der Pandemie hat das Bezirksamt Treptow-Köpenick dem Arzt Denis Hedeler gekündigt. Das teilte Gesundheitsstadtrat Bernd Geschanowski (AfD) in einer Presseerklärung mit. Die Kündigung sei „ein notwendiger Akt“, weil das Vertrauensverhältnis „nachhaltig zerstört“ war, heißt es dort.

Die öffentlichen Behauptungen Hedelers über seine Nichtberücksichtigung bei der Vergabe des Amtsarztpostens seien nachweisbar unwahr, so der AfD-Politiker. „Durch diese öffentliche Rufmordkampagne hat er nicht nur das Ansehen meiner Person und meine Funktion als Bezirksstadtrat, sondern der gesamten Verwaltung des Bezirksamtes schweren Schaden zugefügt.“

Hedeler, Hygienereferent im Bezirksamt Treptow-Köpenick hatte sich an die Medien gewandt, weil er sich von dem Gesundheitsstadtrat diskriminiert fühlte. Hedeler ist schwarz und schwul. Er wurde bei zwei Bewerbungen 2020 auf die Amtsarztstelle nicht berücksichtigt. Der in der Pandemie wichtige Job ist in Treptow-Köpenick seit September nicht besetzt, weil es keine anderen Bewerber gibt. Hedeler ist zwar studierter Arzt und hat Erfahrungen in der Bekämpfung von Epidemien, unter anderem in Sierra Leone, gesammelt. Doch für die Qualifikation als Facharzt für das öffentliche Gesundheitswesen fehlen ihm noch Ausbildungsabschnitte in der Psychiatrie.

Seine Rassismusvorwürfe konnte Hedeler nicht belegen, weil die von ihm behaupteten Vorfälle mündlich ohne Zeugen stattgefunden hätten. So hätte Geschanowski Hedeler zufolge in einem Gespräch gesagt, er müsse an seiner Außendarstellung arbeiten. Auf Hedelers Frage, was der Stadtrat damit meine, hätte dieser Hedeler zufolge auf seine Haut gezeigt. Am Montag war Hedeler nicht zu erreichen.

Wichtige Stelle bleibt vorerst vakant

Laut dem AfD-Politiker hätte Hedeler „seine Herkunft, seine Hautfarbe und seine sexuelle Identität instrumentalisiert und gezielt als Mittel eingesetzt, um damit einen persönlichen Vorteil zu erzielen.“ Oft sind rassistische und sexistische Diskriminierungen allerdings nichts, was man an objektiven Kriterien festmachen könnte. Betroffene empfinden viele Äußerungen anders als Menschen, die der Mehrheitsgesellschaft angehören. Da führen Gespräche eher zum gegenseitigen Verständnis als Abwiegelungen.

Kritik kommt von Grünen und SPD im Bezirk. Die grüne Fraktion schreibt: „Während der Pandemie und angesichts der auch in Treptow-Köpenick hohen Infektionszahlen ist es wichtiger denn je, die Funktion des Amtsarztes zu besetzen und jede fachliche Unterstützung zu nutzen. Es wirft ein schlechtes Licht auf den Gesundheitsstadtrat, wenn diese wichtige Stelle vakant bleibt.“

SPD-Fraktionschef Alexander Freier-Winterwerb zufolge gibt es durch das Vorgehen des AfD-Stadtrates nur Verlierer: „Mitten in der Pandemiebekämpfung einen Fachmann zu entlassen, geht gar nicht. Die Kündigung schadet zudem dem Ansehen des Bezirksamtes als Arbeitgeber.“

Freier-Winterwerb kritisiert auch, dass der Stadtrat die Kündigung zu einer Zeit ausgesprochen hat, in der die Bezirkspolitik schon in der Weihnachtspause ist und keine Rücksprache mit den politischen Aufsichtsgremien im Bezirk erfolgt ist. „Die Personalie war ja zweimal Gegenstand in Ausschusssitzungen der Bezirksverordnetenversammlung. Dort gab es aber keinerlei Informationen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.