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Arte-Doku zu FilmklassikerHund mit altem Namen

Eine Doku zum Spielfilm „Der Garten der Finzi Contini“ beleuchtet die Biografie des Autors Bassani. Thema auch: der Spagat zwischen Realität und Fiktion.

1962 er­schien der Film „Der Garten der Finzi-­Contini“ – und machte Giorgio Bassani welt­berühmt Foto: Documento Film/CCC-Filmkunst/Arte France

Oh, wie schön, dass es Arte gibt. Den einzigen (öffentlich-rechtlichen) Sender hierzulande, der seinen Zuschauern zur Primetime einen mehr als 50 Jahre alten Filmklassiker zeigt. Während ARD und ZDF fortfahren, in den Monaten des sogenannten Sommerlochs Krimi-Hausmarken zu wiederholen, die schon bei der Erstausstrahlung ein oder zwei Jahre zuvor zweit- oder drittklassig waren – bei in dieser Zeit nicht etwa reduzierter Rundfunkgebühr und trotz der Herausforderungen des Streaming-Zeitalters.

Nein, „Der Garten der Finzi Contini“ (1970) ist, wie gesagt, ein veritabler Filmklassiker, zertifiziert immerhin durch einen Goldenen Berlinale-Bären und den Auslands-Oscar. Noch dazu handelt es sich um eine Literaturverfilmung, des Romans, der ­Giorgio Bassani (1962) weltberühmt gemacht hat: „Die Gärten der Finzi-Contini“. Warum bei der Übertragung des italienischen Buchtitels („Il Giardino dei Finzi-Contini“) ins Deutsche aus dem einen Garten gleich mehrere werden mussten, weiß der Himmel. Es ist jedenfalls nur einer, wenn auch von beachtlichen Ausmaßen, und der deutsche Titel der ebenfalls italienischen Verfilmung hat dann jedenfalls die Möglichkeit genutzt, das richtigzustellen.

Überhaupt ist der Vergleich von Werken der Literatur und ihrer Verfilmung regelmäßig eine spannende, mitunter nervenaufreibende Sache. Und Arte wäre nicht Arte, würde der rührige Kultursender diesen Vergleich nicht auch noch besorgen, gleich im Anschluss mit: „Auf der Suche nach den Gärten der Finzi-Contini“. (Da hat er sich wieder eingeschlichen, der Plural, der hartnäckige)

Hier geht es nicht um Gartenbau

Und zu dem Vergleich zwischen Roman und Verfilmung kommt dann ja noch der Vergleich zwischen Roman und Realität hinzu. Denn auch bevor so viel vom autofiktionalen Erzählen die Rede war, wurde sie natürlich bereits gestellt, die Frage nach dem autobiografischen Gehalt von Romanen.

Die Filme

Spielfilm: „Der Garten der Finzi Contini“, Montag um 20.15 Uhr auf Arte und in der Mediathek.

Dokumentation: „Auf der Suche nach den Gärten der Finzi-Contini“, Montag um 21.45 Uhr und in der Mediathek.

Nehmen wir also diesen mit dem scheinbar harmlosen Titel, in dem es aber keineswegs um Gartenbau geht. Sondern um eine großbürgerliche jüdische Familie in Ferrara, die – nachdem das faschistische Italien die deutschen Rassengesetze drei Jahre später, 1938, mehr oder weniger nachvollzogen hat – darauf reagiert, indem sie den nunmehr und nicht nur aus dem örtlichen Tennisclub ausgeschlossenen jungen jüdischen Spielern den im eigenen paradiesischen Garten gelegenen Tennisplatz zur Verfügung stellt.

Der 1916 geborene und 2000 verstorbene Giorgio Bassani beschreibt die Haltung der Familie in der Doku als „eine Art maliziöser Verachtung“. Wie die männliche Hauptfigur seines Romans entstammt er einer jüdischen, zunächst mit dem Faschismus sympathisierenden Familie in Ferrara und sah sich damals gezwungen, seiner Tennisleidenschaft infolge der Rassengesetze an einem anderen Ort als dem Club nachzugehen: im Garten einer Familie namens Finzi-Magrini. Einer von deren Nachfahren erzählt nun in der Doku, dass diese sich in Bassanis Roman zwar eindeutig wiedererkannt habe („Nicht einmal den Namen des Hundes hat er geändert!“), mit ihrer dekadenten Darstellung aber keineswegs einverstanden gewesen sei.

Groll mit dem Regisseur

Keineswegs einverstanden war dann auch Bassani mit dem – preisgekrönten ­– Ergebnis der Verfilmung seines Romans durch den Regisseur Vittorio De Sica. Der hatte einst (1948) mit „Fahrraddiebe“ den Inbegriff des neorealistischen Films geschaffen – vor dem vernichtenden Urteil Bassanis schützte ihn das nicht: „Was konnte De Sica, ein Neapolitaner, schon über die Juden von Ferrara wissen?“

Kann ein Autor, der sich gegenüber den Finzi-Magrini auf die Kunstfreiheit beruft, es einem Regisseur vorhalten, wenn dieser in die Biografie des Vaters der Hauptfigur eingreift? Nun, wenn die Hauptfigur ihrem Autor so offensichtlich nachempfunden ist, dann kann er wohl nicht anders.

„Der Garten der Finzi Contini“ ist nicht der einzige italienische Film, der um 1970 von Faschismus und Familie erzählt. Ein Jahr zuvor war Viscontis „Die Verdammten“ erschienen. Der Durchbruch für Helmut Berger, der danach der schönste Mann der Welt war. Dass De Sica ihn auch umgehend für „Der Garten …“ besetzte, wenigstens an dieser Entscheidung hat Bassani nichts zu mäkeln, in der Doku.

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