: Auf den Spuren der Arbeiter
HAFENKLAPPE Harburgs ältester Kiosk ist gerettet und wird zum Binnenhafenfest mit neuem Inhalt eröffnet
Zum 15. Mal veranstaltet die Harburger Kultur-Werkstatt an diesem Wochenende das Binnenhafenfest „Leinen los!“, ein „maritimes Familien-Event“ mit Kunst, Musik und historischen Schiffen.
■ Riesenrad, Ponyreiten und ein Tipi verspricht das Festzentrum.
■ Beim Infomarktplatz präsentieren sich verschiedene Harburger Initiativen.
■ Einen Shuttle-Service für die Besucherinnen gibt es auf dem Gelände und an den Landungsbrücken. DAH
VON DARIJANA HAHN
Diese Ecke am Kanalplatz im Harburger Binnenhafen wäre ohne die alte Hafenklappe kaum vorstellbar. Unmittelbar vor der Brücke zur Schlossinsel, zwischen riesigen Stromleitungsmasten und der Blohmstraße, hielt der kleine Kiosk mit dem markanten Trinkhallen-Schriftzug seit 139 Jahren die Stellung. Wenngleich die Spuren der Zeit die kleine Bude ein wenig windschief werden ließ.
Während bis vor Kurzem noch Bockwurst, Bier und Kaffee gereicht wurden, stehen hier nun Kunst und Kultur auf dem Programm. Die Stadtplanerin Birgit Caumanns, die sich mit vier Mitstreitern für den Erhalt dieses Kiosks eingesetzt hat, spricht von einer „absolut neuen Nutzung“. Eine solche musste her, nachdem dem Relikt Harburger Industrie- und Hafengeschichte seit gut fünf Jahren der Abriss drohte. Der alte Kiosk drohte von Plänen überrollt zu werden, die eine Entwicklung des Binnenhafens zum „attraktiven Wohnquartier mit hochwertigem Gewerbe“ vorsieht. Zuletzt war es der benachbarte Beach-Club, der durch seine Verlegung der Hafenklappe den Garaus zu machen schien. Mitte Februar wurde dem langjährigen Betreiber gekündigt. Die Stadtplanerin Caumanns suchte anfangs nach einer Möglichkeiten, die Bude an einen anderen Standort zu verlegen und so retten zu können. Doch dann änderten auch die Bezirkspolitiker ihre Meinung und wollten den alten Hafenkiosk erhalten.
Schließlich wollten die Parteien in der Harburger Bezirksversammlung dazu beitragen, dass „ein Farbklecks“ des alten Hafenambientes erhalten bleibt, erinnert sich Gorch von Blomberg, einer der neuen Kioskmitbetreiber. Und so darf der Kiosk nun an seinem angestammten Platz bleiben.
Nur eben ohne die als „Hafenlümmel“ veräußerten Bockwürste für 2,40 Euro. Dennoch hoffen die neuen Betreiber darauf, dass der Kiosk mit seinen Ausstellungen und Informationsangeboten zum Harburger Binnenhafen auch weiterhin eine Anlaufstelle im Hafen bleibt. Doch bis auf Weiteres wird er nur an besonderen Tagen geöffnet. An diesem Wochenende etwa passend zum Binnenhafenfest. Dann wird die Harburgerin Uschi Tisson im Kiosk ihre handgearbeiteten Hafenkisten mit „Harburgensien“, jenen in Harburg gefertigte Handarbeiten, Bonsches und dem Harburger Hafenbuch verkaufen. „Den Klönschnack gibt es natürlich kioskgemäß dazu“, sagt Tisson, die als Journalistin einiges über Harburg zu berichten weiß.
Auch die vier RetterInnen des Kiosks Birgit Caumanns, Gorch von Blomberg, Timo Blume und Bianca Blomenkamp sind Kenner des Harburger Hafens und seiner Geschichte: „Harburg war der Maschinenraum Hamburgs“, sagt von Blomberg und weist darauf hin, dass in Harburg etwa mit der Gummi- und Juteindustrie sehr viel mehr Industrie angesiedelt war als in Hamburg. Für von Blomberg war es ein besonderes Anliegen, dass im heutigen Stadtraum Zeichen und Spuren sichtbar bleiben, anhand derer sich Geschichte ablesen lässt. So wie der Kiosk an Hafenarbeiter und Industriekultur denken lässt.
„Es ist kein Zufall, dass der Kiosk seit mindestens 1876 an dieser Ecke steht, weil dort 1872 die Brücke zur Schlossinsel gebaut wurde“, sagt von Blomberg. Doch wann genau das Gebäude errichtet wurde und ob es sich dabei möglicherweise ursprünglich um das Ruderhaus eines Schiffes gehandelt hat, hat er noch nicht herausgefunden. Vom morschen Holzfußboden mussten sich die Betreiber trennen. Und beim Entfernen der pastellfarbenen 50er-Jahre-Tapeten entdeckten sie eine einfache Pressspanverkleidung der Wände.
So schlicht diese Bude auch ausgestattet ist, sind sich inzwischen mindestens alle einig darin, dass dieser Kiosk zu den Kostbarkeiten zählt, die sich im Binnenhafen entdecken lassen.
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