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Raubritter unter Polizeischutz

Die G-7-Elite verschanzt sich im Juni auf Schloss Elmau – 17.000 Polizisten werden für ihre Sicherheit sorgen. Proteste werden schon vorab kriminalisiert

Mobitime!

Donnerstag, 14. Mai Das Nö-Theater präsentiert: „Gipfelstürmer – History is a work in progess“, 19 Uhr, Zukunft am Ostkreuz, Laskerstraße 5 ■ Samstag, 16. Mai Das Berliner Stop-G7-Bündnis ruft zur Blockade auf. Infoveranstaltung mit Referent Winfried Wolf. 20 Uhr, Versammlungsraum im Mehringhof, Gneisenaustraße 2a ■ Mittwoch, 20. Mai Transnationale Mobilisierungstour: „Der Gipfel ruft, wir kommen alle!“ Podiumsdiskussion, 20 Uhr, FDCL im Mehringhof, Gneisenaustraße 2a

Das Schloss Elmau ist noch weit davon entfernt, zum Geografie-Allgemeinwissen zu gehören – ganz anders als das Ostseebad Heiligendamm, das als Austragungsort des G-8-Gipfels 2007 zu weltweiter Berühmtheit gelangte. Dabei wird das Luxusressort oberhalb des bayerischen Örtchens Klais schon in drei Wochen den verbliebenen sieben Staatschefs als Austragungsort ihres jährlichen Treffens dienen. Doch der Gipfel am 7. und 8. Juni 2015 beschäftigt bislang nur einen überschaubaren Kreis von Aktivisten – und, in weit größerem Ausmaß, die Polizei.

War das Treffen der acht in der Nähe von Rostock noch wie ein Jungbrunnen für die gesamte linkspolitische Bewegung des Landes, scheint der G-7-Gipfel zum Randphänomen zu verkommen. Infoveranstaltungen landauf, landab, Sonderzüge, innovative Blockadestrategien oder die Zusammenarbeit von autonomen Gruppen, Linkspartei und Kirchen – all das, was die ganz eigene Stimmung vor Heiligendamm ausmachte, sucht man dieser Tage vergebens.

Im Dezember zerbrach ein mögliches Bündnis von Gruppen aus dem eher linksradikalen Spektrum mit den Organisationen Campact, Attac und BUND an der Frage des Ortes für eine Großdemonstration. Nun mobilisieren kommunistische und anarchistische Gruppierungen für die Gipfeltage nach Garmisch-Partenkirchen, während die bürgerliche Linke unter Einschluss der Grünen bereits am Vortag zu einer Anti-TTIP-Demo nach München ruft.

Die Gipfelgegner mit dem Ziel Elmau stehen an scheinbar verlorener Front: Den wenigen Aktiven fehlt es an Mitstreitern, finanziellen Möglichkeiten und auch nur einem Fünkchen Wohlwollen der örtlichen Behörden. Dennoch planen die Unentwegten ein Programm, das sich am großen Vorbild messen lassen will. Bereits am 3. und 4. Juni ist ein „Gipfel der Alternativen“ in München geplant. Erwartet werden so prominente Referenten wie die indische Wirtschaftswissenschaftlerin Jayati Ghosh oder der Globalisierungskritiker Jean Ziegler. Die Aktionen gegen den Gipfel setzen sich am 6. Juni mit einer Großdemonstration in Garmisch fort. Angemeldet sind hier 10.000 Demonstranten. Bei einem geplanten Sternmarsch nach Elmau am Folgetag sollen die Zufahrtswege zum Gipfelort effektiv blockiert werden.

Die Suche nach einer geeigneten Fläche, auf der die Aktivisten ihr Basislager aufschlagen können, verlief monatelang erfolglos, auch weil Polizei und Landesregierung Bürgermeister und Landwirte unter Druck setzten und Angst vor gewalttätigen Autonomen schürten. Anfang des Monats ist es dennoch gelungen, ein Wiesengrundstück in Garmisch-Partenkirchen zu pachten, um dort ein Protestcamp für 1.000 Menschen zu errichten. Nun sucht die Gemeinde nach Möglichkeiten, das Camp zu verbieten. Ein möglicher Grund: Das Grundstück in unmittelbarer Nähe zum Isar-Zufluss Loisach gilt bei möglichem Hochwasser als Überflutungsbereich. Vorausschauend haben die Aktivisten auf drei Arealen in Garmisch-Partenkirchen und Mittenwald Protestcamps als Dauerkundgebungen angemeldet.

Unterdessen bereitet sich die Polizei auf einen Einsatz vor, der alle Dimensionen sprengt. Über 17.000 Polizisten sollen die Tagungsgäste schützen, die Anfahrtswege frei- und die Aktivisten in Schach halten. Rund um den Tagungsort wurde eine Sicherheitszone ausgerufen, die von acht Kilometern Zaun umgeben ist. Hier gilt bereits ab dem 30. Mai ein Betretungsverbot. 110 Richter sind abgestellt, um Festgenommene im Schnellverfahren zu verurteilen.

Dass das Aufgebot in keinem Verhältnis zu den zu erwartenden Protesten steht, ficht die bayerische Landesregierung nicht an. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) betonte mehrfach, Camps verhindern zu wollen, da diese Unterschlupf für gewaltbereite Gipfelgegner böten. Die Bundesregierung fabulierte, dass trotz bislang geringer Aufmerksamkeit für das Ereignis eine „vergleichbare Mobilisierung wie beim G-8-Gipfel 2007 in Heiligendamm kurzfristig möglich“ sei.

Im Berliner Vorbereitungsbündnis sehen sich viele Reisewillige schon vorab kriminalisiert – dabei plant man hier keine militanten Aktionen. Im Gegenteil. Die Aktivisten setzen auf Kultur. Nächster Programmpunkt der Gipfelgegner ist eine Aufführung der freien Theatergruppe „Nö Theater“. Laut Ankündigung wolle man sich gemeinsam mit dem Publikum „auf die Barrikade“ begeben, die die Zufahrtsstraße zum Gipfel blockiert. „Dort beginnt die Suche nach Sinn und Erfolgschancen von Protestbewegungen [und] nach der Hoffnung, die hinter jedem Protest steckt.“ Immerhin Hoffnung ist den Gipfelgegnern noch geblieben.

ERIK PETER

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