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DER MIETHAIDer Rauch des Nachbarn

Sylvia Sonnemann ist Juristin und Geschäftsführerin bei Mietern helfen Mietern in Hamburg

Mediationen sparen nicht nur Geld und Nerven, sondern befrieden auch die Lage

Ob ein Mieter, der den Zigarettenrauch in den Hausflur ziehen ließ, nun tatsächlich seine Wohnung verliert, verhandelt das Landgericht Düsseldorf jetzt erneut. Das entschied jüngst der Bundesgerichtshof (BGH). Und noch ein weiteres aktuelles Urteil des BGH beschäftigt sich mit dem Thema Rauchen.

Ein Mieter darf sich grundsätzlich gegen seinen Nachbarn wehren, wenn dessen Rauchen auf dem Balkon zu einer wesentlichen Beeinträchtigung führt (BGH, Urteil vom 16. Januar 2015 – V ZR 110/14). Dabei stellte der BGH klar, dass einem Nachbarn Unterlassungsansprüche auch dann zugestanden werden, wenn der Vermieter des rauchenden Nachbarn das Rauchen in der Wohnung nicht verwehren kann. Denn vertragliche Vereinbarungen zwischen einem Mieter und Vermieter rechtfertigen nicht die Störungen Dritter.

Es ging also nicht um das klassische Mietrecht, sondern um Abwehrrechte von Privatpersonen untereinander, wenn sich diese etwa durch Lärm oder wie im vorliegenden Fall durch Tabakgeruch belästigen. Dem Abwehrrecht im Fall des Nachbarn steht laut BGH das Recht des rauchenden Mieters gegenüber, seine Wohnung zur Verwirklichung seiner Bedürfnisse frei zu nutzen. Da hier zwei grundrechtliche Besitzrechte kollidieren, müsse das Maß des zulässigen Gebrauchs im Einzelfall im Sinne des Gebots der gegenseitigen Rücksichtnahme festgelegt werden.

Der BGH hält dabei eine Vereinbarung über die zeitliche Nutzung des Balkons zum Rauchen für angemessen. In vergleichbaren Fällen liegt es nahe, nicht den Gang durch die Instanzen zu wählen, sondern ein moderiertes Vermittlungsgespräch mit dem Nachbarn zu versuchen. Das spart nicht nur Geld und Nerven, sondern führt eher zu einer Befriedung der Situation als ein Urteilsspruch des Gerichts.

Der Mieterverein bietet seinen Mitgliedern entsprechende Mediationen an, um Konflikte in der Nachbarschaft beizulegen. Normalerweise ergeben sich aus solchen Vermittlungen Vereinbarungen unter den Nachbarn, etwa über Zeiten, in denen man Musik machen kann oder auch auf dem Balkon rauchen darf.

Mieter helfen Mietern, Bartelsstr. 30, 20357 Hamburg, ☎ 431 39 40, www.mhm-hamburg.de

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