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Gesucht werden 3,4 Millionen Wähler

Schlechtes Wetter, mangelnde Polarisierung: Für die Parteien sind die Ursachen der historisch niedrigen Beteiligung an der Niedersachsen-Wahl klar. Der DGB will das Problem lieber mit einer Kommission aufarbeiten

„Die stärkste Kraft bei der Wahl Ende Januar“, sagt Hartmut Tölle, „waren die Nichtwähler.“ 3,4 Millionen oder 42,9 Prozent der Wahlberechtigten in Niedersachsen hatten keine Kreuzchen abgegeben, die Beteiligung war historisch niedrig. Weil das ein „alarmierendes Zeichen für unsere Demokratie“ sei, schlägt der Landeschef des Deutschen Gewerkschaftsbundes eine Enquete-Kommission vor, die sich mit der Politikverdrossenheit auseinandersetzt. Um dem „unhaltbaren Zustand“ abzuhelfen, sollten sich die Parteien mit Gewerkschaften, Sozial- und Arbeitgeberverbänden, Kirchen oder auch Arbeitsloseninitiativen zusammensetzen. „Wir dürfen jetzt nicht zur Tagesordnung übergehen“, sagt Tölle. „Die Demokratie lebt vom Bürger.“

Die Betroffenen reagierten am Mittwoch reserviert. „Sehr gut“ fand den Vorschlag nur der scheidende Parlamentspräsident Jürgen Gansäuer (CDU): Die Wählerabstinenz gehe „an die Substanz der Demokratie“. CDU-Fraktionschef David McAllister glaubt hingegen nicht, dass eine Kommission „substanziell etwas bringt“. Für ihn ist alles klar: Die niedrige Wahlbeteiligung habe an den klaren Wahlvorhersagen und an der mangelnden Wechselstimmung gelegen – und am schlechten Wetter. „Sie mögen lachen“, sagte McAllister, „aber am 27. Januar hat es einen orkanartigen Sturm in Niedersachsen gegeben.“

McAllisters Christdemokraten hatten am nämlichen Datum 470.000 Wählerstimmen weniger als vor fünf Jahren geholt. Von den abgegebenen Stimmen bekam sie zwar 42,5 Prozent, bezogen auf alle Berechtigten aber nur 23 Prozent. FDP-Fraktionschef Philipp Rösler pflichtete McAllister bei: Wissenschaftlich sei die Politikverdrossenheit aufgearbeitet. „Es gibt kein Erkenntnis- sondern ein Vollzugsproblem.“

Auch in der SPD regt sich Widerstand gegen die Kommissionitis à la Tölle. Die Sozialdemokraten haben inzwischen eine eigene „Zukunftskommission“ eingesetzt, die bis zum Landesparteitag im Juni Schlüsse aus dem Wahldebakel ziehen soll. „Ich weiß nicht, ob man so was politologisch noch untersuchen muss“, sagt der Vorsitzende der intern „ZK“ getauften Aufarbeitungstruppe, Heiger Scholz. Der hauptberufliche Geschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages ist sicher, dass es an der „fehlenden Polarisierung“ lag. Die SPD hatte rund 300.000 Anhänger verloren – Ergebnis: 30,3 Prozent. Bezogen auf alle Wahlberechtigten waren das gerade mal 17 Prozent. KAI SCHÖNEBERG

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