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streikwegeOtto-Suhr-Allee bis Kochstraße

8.54 Uhr. Draußen schneit es wie verrückt. Dazu ist erster Streiktag der BVG. Busse, U-Bahnen und Trams fahren nicht. Doch das soll mich nicht abhalten. Schließlich habe ich 70 Euro in eine Monatskarte investiert. Dick eingepackt, mit Mütze und Handschuhen, ziehe ich los Richtung Kreuzberg.

Zwei junge Leute stehen schon an der Bushaltestelle Otto-Suhr-Allee/Leibnizstraße. Laut Notverkehrsplan soll hier ein Bus kommen. Wann, wissen die beiden auch nicht. Angeblich jedoch jede halbe Stunde.

In der anderen Richtung fährt tatsächlich der M45 in Richtung Rudow vorbei. Einer dieser Erdgasbusse, besetzt mit drei einsamen Fahrgästen. Sehnsüchtig blicken wir dem Bus nach. Immerhin: das Notprogramm der BVG scheint zu funktionieren.

Dann fährt ein nagelneuer grüner Fiat an die Haltestelle ran. „Will jemand bis Zoo mitfahren?“, ruft eine freundliche Stimme aus dem Fahrzeug heraus. Wir drei schwingen uns hocherfreut in das kleine Auto. Die Fahrerin ist Rechtsanwältin, sie will zum Ku’damm und findet, dass man sich an solchen Tagen solidarisch verhalten muss. Sie dreht Herbert Grönemeyer lauter und summt mit. Am Zoo laufen wir gemütlich zur S-Bahn. „Ich war jetzt schneller unterwegs, als wenn ich den Bus an einem Nichtstreiktag bei diesem Wetter genommen hätte“, sagt einer der Mitfahrer belustigt. Stimmt, es waren nur 15 Minuten.

Auf dem S-Bahnhof Zoologischer Garten geht es ruhig zu, es sind nur einige Menschen mehr auf dem Bahnsteig. Anscheinend fährt die S-Bahn normal. Am S-Bahnhof Friedrichstraße wird das Ganze noch mal knifflig. Die U 6 fährt ja nicht. Einige Leute laufen trotzdem die Treppen zur U-Bahn hinunter, nur um dort vor verschlossenen Gittertoren zu stehen. Es scheint, als wollten sich alle vergewissern, dass der Streik nicht nur ein vorgezogener Aprilscherz der BVG ist.

Also Plan B: den Notverkehr suchen. Draußen ist die Bushaltestelle des Nachtbusses N6. Das wäre ein logischer Platz für die Ersatzhaltestelle. Eine Frau will den Bus ebenfalls nehmen und sagt mir, dass „massenweise“ Busse in die andere Richtung gefahren seien. Also warten.

Aber es kommt kein Bus, auch nach zehn Minuten nicht. Ein paar Meter weiter ist eine Tramhaltestelle. Die LCD-Anzeigen informieren, dass heute gestreikt wird. 15 Minuten, und kein Bus in Sicht. Also wieder in den Bahnhof. Ein freundlicher S-Bahn-Beschäftigter verteilt auf Anfrage die Telefonnummer der BVG; denn er habe „keine Informationen, wo die Haltestellen des Ersatzverkehrs sind“. Dort ist besetzt. Dann eben die S-Bahn in Richtung Anhalter Bahnhof.

Im Zug zücke ich den Stadtplan. Irgendwie muss ich mich vom Anhalter Bahnhof zu Fuß zur Kochstraße durchschlagen. An der Kreuzung stehen schon rund 20 Leute an der Bushaltestelle. Sie hoffen auf M 29 in Richtung Hermannplatz. Ein Blick auf den Notverkehrsplan bestätigt: Hier soll gefahren werden! Doch die Fahrgäste warten teilweise schon eine halbe Stunde. Ich habe Glück, nach drei Minuten nähert sich ein uralter Bus, allerdings kein Doppeldecker. Ein Fahrgast poltert los: „Der Bus hätte ja ooch ’ne Nummer größer sein können. Da jibt et doch diese langen Busse.“ Kurz darauf erreicht der Bus die Kochstraße.

Reisezeit: eine gute Stunde. Insgesamt war alles einfacher als gedacht. So ein Streik kann einen ganz schön überraschen, denke ich bei mir. TANJA BRAUN

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