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Schwarz-Grüne Untiefen

Bei den Koalitionsverhandlungen von CDU und GAL in Hamburg knirscht es. Die Union hat unsolider gewirtschaftet als bekannt. Deshalb bleibt für grüne Wünsche kaum Geld, und für Elbvertiefung oder Kohlekraftwerk Moorburg ist keine Lösung in Sicht

Schwarz-grüne Verhandlungen

Seit dem 17. März haben sich die Delegationen von CDU und GAL siebenmal zu Verhandlungen getroffen. Drei Termine sind für nächste Woche angesetzt, weitere Treffen sollen folgen. Bis zum 20. April, so der grobe Zeitplan, soll ein Koalitionsvertrag vorliegen, Parteitage sind für das folgende Wochenende vorgesehen. Nach deren Zustimmung könnte der neue Senat am Mittwoch, dem 7. Mai, in der Bürgerschaft gewählt werden. Bei der Hamburg-Wahl am 24. Februar hatte die CDU nach vier Jahren Alleinregierung ihre absolute Mehrheit eingebüßt. Für das von SPD und GAL angestrebte rot-grüne Bündnis reichte es ebenfalls nicht. Von den 121 Sitzen im Parlament hat die CDU 56, die SPD 45, die GAL 12 und die erstmals vertretene Linke 8 Mandate. Rechnerisch wäre auch eine große Koalition oder Rot-Grün-Rot möglich. Nach Sondierungsgesprächen mit SPD und GAL Anfang März beschloss die CDU ein Bündnisangebot an die Grünen. Die nahmen die Einladung zu Koalitionsverhandlungen an. SMV

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Es knirscht mächtig bei den schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen in Hamburg. Das wurde auf einer parteiinternen Informationsveranstaltung der Grün-Alternativen Liste (GAL) deutlich, zu der die Medien nicht zugelassen waren. Fünf TeilnehmerInnen berichteten gestern unabhängig voneinander der taz nord, dass von Euphorie keine Rede sein könne unter den etwa 150 Grünen im Kleinen Saal der Patriotischen Gesellschaft am Donnerstagabend. Die Einschätzungen schwanken von „wird wohl klappen, aber es wird sehr eng“ bis zu dem Diktum: „Für mich ist nicht erkennbar, dass die Substanz für ein solches Bündnis ausreicht.“

Dabei sind die großen Knackpunkte bekannt, an denen die Bildung der ersten schwarz-grünen Landesregierung in Deutschland scheitern könnte, nicht in Sicht jedoch sind nach sieben langen Verhandlungsrunden Lösungen. Über Elbvertiefung Ja oder Nein, Kohlekraftwerk Moorburg bauen oder verhindern, das künftige Schulsystem, die Stadtbahn und die City-Maut oder die Humanisierung des Strafvollzuges streiten die Möchtegern-Koalitionäre in mehreren Arbeitsgruppen – die Annäherungen bleiben vage.

Und das nicht allein aus ideologischen oder programmatischen Gründen. Denn das Kernproblem ist der Umstand, dass die finanzielle Lage Hamburgs weit schlechter ist, als der allein regierende CDU-Senat vor der Wahl zugegeben hatte. Erst in den Verhandlungen mit den Grünen kamen die wahren Zahlen auf den Tisch. Danach fehlen Hamburg bis 2011 zusätzliche 835 Millionen Euro.

Denn die „konsequente Konsolidierungspolitik“, welcher Finanzsenator und CDU-Parteichef Michael Freytag sich seit langem rühmt, weist eine Finanzierungslücke nicht von den behaupteten 1,6 Milliarden Euro, sondern tatsächlich von 2,4 Milliarden Euro für die nächste Legislaturperiode auf. Und das bedeutet: Was immer die GAL möchte, muss sie auch bezahlen können. Und da ist es mit Umschichtungen im Haushalt nicht getan, das dämmerte den Grünen in dieser Schärfe erst jetzt.

Echte Entrüstung jedoch kommt aus einem anderen Grund auf. Es wurde deutlich, dass Bürgermeister Ole von Beust, Freytag und ihr CDU-Senat sich auf den möglichen Verlust der absoluten Mehrheit und etwaige Debatten mit einem Koalitionspartner akribisch vorbereitet haben. „Die haben vor der Wahl mit ungedeckten Schecks alles politisch festgezurrt hat, was ihnen wichtig ist“, haben die grünen Unterhändler erkennen müssen. Oder, wie es ein anderer ausdrückt: „Die haben sich einen ordentlichen Schluck aus der Finanzpulle gegönnt, und jetzt ist die Flasche leer.“

135 Millionen Euro für den Hafen, 101 Millionen Euro für die Elbphilharmonie – von der am Mittwoch bekannt wurde, dass sie sich mal eben um weitere mindestens 20 Millionen Euro verteuert – oder 204 Millionen Euro für Airbus: Die Summen waren nicht geheim, dass es sich sämtlich um Geld handelt, das es nie gab, hingegen schon.

„Der finanzielle Spielraum für unsere politischen Anliegen ist deshalb minimal“, mussten die Grünen nun erkennen. Die Schwarzen hätten „ihre Dickschiffe flott gemacht“, für den kleinen Partner in einer Koalition blieben möglicherweise „nur ein paar grüne Ranken“, so das ernüchterte Fazit eines GALiers, der Schwarz-Grün kürzlich noch für möglich hielt.

Von den Mitgliedern der Verhandlungsdelegationen, die sich am Freitagmorgen im noblen Hotel Grand Elysee am Rande der Hamburger Innenstadt zur siebten Runde trafen, waren keine Stellungnahmen zu erhalten. Freytag und von Beust hatten am Abend zuvor selbst im CDU-Landesvorstand „nur kurz und knapp den Sachstand berichtet“, sagt Landesgeschäftsführer Gregor Jaecke. Das habe der Vorstand zur Kenntnis genommen.

Die grünen Verhandlungsführerinnen, Spitzenkandidatin und Fraktionschefin Christa Goetsch und die Parteichefin und Bundestagsabgeordnete Anja Hajduk, hatten vor zwei Wochen bereits durchblicken lassen, dass es Risiken gäbe. Die Finanzen seien „wohl nicht so toll wie wir dachten“, deshalb würden die Gespräche mit der CDU „eine verdammt harte Angelegenheit“. Deutlicher wurde nun Krista Sager, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag und zu rot-grünen Zeiten in Hamburg von 1997 bis 2001 Zweite Bürgermeisterin. „Das ist kein Selbstgänger“, bekannte sie, „die großen Punkte haben wir ja noch vor uns“.

Und sie stehen sämtlich unter Finanzierungsvorbehalt.

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