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BischofswahlEin Indiz für Normalität

Es sollte doch nicht sein. Die Synodalen der Nordelbischen Kirche haben den Probst Gerhard Ulrich zum neuen Schleswiger Bischof gewählt. Deutschland wartet weiter auf einen Bischof, der um seine Homosexualität nicht den Mantel des Schweigens breitet.

KOMMENTAR VON MAXIMILIAN PROBST

War die Kirche noch nicht weit genug für diesen Schritt? Spricht das Wahlergebnis am Ende mit der Stimme der Reaktionären: dass nämlich gelebte Homosexualität nach der Heiligen Schrift dem Willen Gottes widerspreche? Nein. Dafür ist das Ergebnis, bei aller Deutlichkeit, doch zu knapp. Gerhard Ulrich erhielt 77 Stimmen, Horst Gorski 56.

Man könnte allerdings sagen, im entscheidenden Moment hätten sich die konservativen Kräfte in der Kirche durchgesetzt: mit ihrem latenten Glauben daran, dass alles so bleiben soll, wie es ist. Die Entscheidung für Ulrich wäre demnach aus Angst gefällt: aus Angst vor dem Neuem, das medial zuvor an die Kirchenglocke gehängt wurde.

Aber vielleicht ginge auch diese Behauptung schon zu weit. Ulrich galt von Anfang an als Favorit. So dass man bei dem Ergebnis auch den Eindruck gewinnen kann, es sei völlig unberührt von der Debatte um Gorskis Homosexualität zustande gekommen. Und dieses Keine-Rolle-Spielen der Homosexualität wäre das beste Indiz für deren Normalität innerhalb der Kirche.

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