: Ertrunkener Affe: Suche nach dem Schuldigen
Nach dem Unfalltod eines Orang-Utans im Hamburger Zoo kritisieren Tierschützer die Sicherheit von Wassergräben. In Deutschland ertrinken immer wieder Tiere in den Zoo-Anlagen: Der Tierpark Hagenbeck ist da kein Einzelfall
Das Telefon in Hamburger Tierpark Hagenbeck ist im Dauerbetrieb. Minütlich kommen neue Anrufe herein, immer mit der Frage: Wer trägt die Schuld für den Tod des Orang-Utan-Weibchens Leila und hätte er verhindert werden können?
Am vergangenen Mittwoch war der Affe bei dem Versuch, ein Brötchen aus dem Wasser zu fischen in einen Wassergraben gefallen und ertrunken. Ein Besucher hatte dem Orang-Utan das Brötchen zugeworfen. Zoo-Experte Frank Albrecht von der Tierschutzorganisation Peta sieht die Zoos in der Verantwortung. Erst vor kurzem hat er sich im Hamburger Affenhaus umgeschaut: „Elefanten und Paviane dürfen gefüttert werden, im Affenhaus ist es wiederum verboten. Dazu kommen Schaufütterungen – und wenn dann noch ein Imbiss direkt neben dem Wassergraben steht, sind Fütterungen der Besucher trotz Verbotsschild vorprogrammiert.“
Chef-Tierpfleger Walter Wolters beklagt, dass sich immer weniger Zoo-Besucher an die Verbotsschilder halten würden. Die Frage der Mitschuld stellt sich in Hamburg nicht: „Bei uns hat es einen solchen Unfall noch nie gegeben. Die Affen wissen, dass Wasser gefährlich ist. Es ist für sie auch in der freien Wildbahn ein natürlich Hindernis“, sagt Wolters.
Unterstützung bekommt er von Hannovers Zoodirektor Klaus-Michael Machens. Vor acht Jahren ertrank in seinem Zoo der Gorilla „Arti“ – auch er wollte Essen aus dem Wasser fischen. „Grundsätzlich müssen alle Anstrengungen für die Sicherheit der Tiere unternommen werden. Unfälle können niemals 100-prozentig ausgeschlossen werden. Wer sagt: Wenn wir keine Wassergräben mehr bauen, dann gibt es auch keine tödlichen Unfälle, der erzählt Quatsch“, sagt Machens. „Auch in der Natur ertrinken Tiere. Affen verlieren normalerweise nicht das Gleichgewicht.“
Der Zoo Hannover hat Konsequenzen aus dem damaligen Unfall gezogen und das Ufer etwas abgesenkt. „Wir haben bereits vor dem Unfall ein Netz im Wasser gehabt – das hängt jetzt näher zur Oberfläche.“, sagt Machens. Auch in Hamburg gibt es ähnliche Vorkehrungsmaßnahmen, „aber wenn ein Orang-Utan kopfüber in das Wasser stürzt, gerät er in Panik und versucht nach Luft zu schnappen. Niemanden tut der Unfall mehr weh als uns“, sagt Wolters. JULIAN KÖNIG
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