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nebensachen aus kairoDauerferien im Namen des Propheten

„Mit leerem Magen studiert sich schwer“, sagte sich das ägyptische Erziehungsministerium und setzte zumindest für die ersten drei Wochen des Fastenmonats Ramadan die Schule kurzerhand aus. Damit verlängerten sich die Sommerferien am Nil für Grundschüler auf vier, für Gymnasiasten auf drei Monate. Erst in der letzten Septemberwoche soll es weitergehen. Paradiesische Zustände für Ägyptens fast 18 Millionen Schüler also, auch wenn einige sich über die Zumutung beschwerten, dass sie die letzte Ramadanwoche noch die Schulbank drücken sollen, beginnt doch gleich danach das mehrtägige, ebenfalls schulfreie kleine Bayram-Fest.

Das war sogar Ägyptens Erziehungsminister Yousri El-Gamal zu viel. Eine weitere Verschiebung des Schulbeginns sei eine Beleidigung für die Idee des Ramadan, rufe der Islam doch zum Fleiß und nicht zur Faulheit auf, erklärte er. Nun gibt Ägypten durchschnittlich mehr Geld für Erziehung aus als andere Entwicklungsländer. Aber die Qualität der Schulbildung, meist basierend auf sturem Auswendiglernen in überfüllten Klassen mit wenig motivierten, unterbezahlten Lehrern, die zuvor selbst unzulänglich ausgebildet wurden, ist denkbar schlecht.

Also hat das Erziehungsministerium beschlossen, die Lehrergehälter von etwa 50 Euro monatlich zu erhöhen, allerdings unter der Bedingung, dass sich die Lehrer selbst einem Test unterziehen. So drückten sie statt ihrer Schüler in den letzten Wochen die Schulbänke. Aus Prüfern wurden schnell Leidgeprüfte. Es gilt, in drei Stunden 100 Fragen im jeweiligen Spezialgebiet des Lehrers, in arabischer Sprache und Grammatik sowie in Pädagogik zu beantworten. Die ganze Episode machte den traurigen Zustand des ägyptischen Bildungssystem deutlich. Denn der Test war den Lehrern zu schwer.

Zunächst begannen einige Lehrer mit Streiks und Protesten. Als das nicht half, bedienten sie sich in der südägyptischen Provinz Minya einer anderen Taktik, kamen zu spät und schoben das Ganze auf das öffentliche Verkehrssystem. Im benachbarten Beni Suef schickten sie Beschwerden ans Ministerium. Die Klassenräume seien voller Staub und die Stühle ebenso kaputt wie die Deckenventilatoren, im heißen Sommer unabdingbar, um überhaupt etwas aufs Blatt zu bekommen. Andere vermeintlich kranke Lehrkräfte beklagten sich während der Prüfung darüber, keinen Zugang zu ihrer Medizin bekommen zu haben. In der Oase Fayum drohten sie gar mit einem Hungerstreik. Legendär in der ägyptischen Presse wurden die Versuche der Lehrer im Nildelta, zu spicken oder sich auf andere Arten die richtigen Antworten zu erschleichen.

Irgendwie kann man da dann auch wieder die Vertreter permanenter Ferien unter der Schülerschar verstehen.„Wir sollten den gesamten Ramadan freihaben“, fordert der Schüler Ahmad El-Dib, der im Internet-Netzwerk „Facebook“ eine virtuelle Kampagne gegen den Schulbesuch zur Fastenzeit startete. „Erstens würden in dieser Zeit sowieso alle schwänzen“; und zweitens, so sein schlagendes Argument, „macht es gar keinen Unterschied, ob wir eine Woche mehr oder weniger zur Schule gehen“. Besser lässt sich der bankrotte Zustand des Bildungssystems am Nil wohl kaum in Worte fassen.

KARIM EL-GAWHARY

Soeben erschienen: „Alltag auf Arabisch – Nahaufnahmen von Kairo bis Bagdad“ von Karim El-Gawhary, Kremayr & Scheriau, 19,90 €

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