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silke burmester Alles nur geklaut!

„FAZ“ und „FAS“ schießen ein Eigentor nach dem anderen: Die eine veröffentlicht einen abgeschriebenen Artikel, die andere recherchiert unlauter

Kennt ja keiner, merkt ja keiner, mag sich der Autor der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) gedacht haben und veröffentlichte einen Artikel im Blatt, der gar nicht seiner ist. Unter dem Titel „Der Fußball eint Feinde von damals“ berichtete Detlef Dresslein, langjähriger freier Autor der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), am vergangenen Sonntag von Ruandas Fußballnationalmannschaft, die Täter und Opfer des Bürgerkrieges von 1994 vereint. Ein schönes, knapp halbseitiges Stück. Ein aufrührendes Stück, das dem Leser noch einmal die Grausamkeit dieses Bruderkrieges und unsere Gleichgültigkeit vor Augen hält. Ein Mut machendes Stück, das aufzeigt, was Sport leisten kann: therapeutisch wirken und vereinen.

Dresslein hat das Stück geklaut. Es war zuvor in der Februarausgabe des britischen Fußballmagazins FourFourTwo erschienen. Titel: „Blood Brothers“, Autor: Matt Thomson. Anders als viele Journalisten, die ausländische Lektüre zur Themenfindung nutzen, Themen dann aber neu recherchieren und sich eigene Protagonisten suchen, hat Dresslein den Text lediglich übersetzt und ihm eine neue Dramaturgie verpasst. Der Artikel hätte selbst bei diesem Eingriff moralisch und rechtlich nur unter dem Namen Thomsons erscheinen dürfen.

Die Redaktion war ahnungslos. Der für den Sportteil der FAS zuständige Redakteur Volker Stumpe beteuert, dass dies beileibe „nicht unser Stil“ sei. Nun war bereits vor gut einer Woche ein Artikel in der alternden Anstandsdame der Tagespresse erschienen, der gleichfalls nicht auf sauberem Wege zustande gekommen war: Der freie Journalist Michael Seewald hatte sich im Namen der Programmzeitschrift Die 2, für die er tätig ist, bei einem ZDF-Redakteur nach dem Fortbestand einer Serie erkundigt und diesen in ein inoffizielles Gespräch verwickelt. Die darin getätigten Aussagen fanden sich tags darauf in neuem Zusammenhang in der FAZ wieder.

Einen großen Teil seiner Energie steckt Herausgeber Frank Schirrmacher derzeit in seine Angst vor Frauen und die Angst vor der Machtübernahme durch diese. Er soll sich beruhigen. Letzteres dauert noch ein wenig. Bis es so weit ist, sollte er sich lieber um die Qualität des Journalismus in seinem Blatt kümmern.

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