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editorialWer ist denn nun hier das Problem?

Er hat’s geschafft, der Feminismus: die Väter aus dem Haus gegrault, das Bildungssystem mit Grundschullehrerinnen unterwandert, die Jungen geknechtet und die Mädchen verhätschelt. Das Ergebnis: Mord und Totschlag unter vaterlosen Jungs auf dem Schulhof, in der Schule verunsicherte Knaben, die laut Pisa-Studie nicht mehr in der Lage sind, einfache Texte zu verstehen.

Bald werden diese ungebremsten bösen Mädchen, die sich mit den einschlägigen Ratgebern munitionieren, den Arbeitsmarkt aufrollen, Chefinnen, unter denen bestimmt bald ganze Branchen in die Knie gehen werden, gibt es sogar jetzt schon! Aber nicht nur im Berufsleben, auch im Haus ist der Mann schon lange nicht mehr sicher. Prügelnde Ehefrauen – bevorzugt setzen sie Waffen ein – treiben Männer auf die Straße, das erste Männerhaus steht kurz vor der Eröffnung.

Mitleid mit den vernachlässigten Jungs ist en vogue, und die taz heult kräftig mit. Fünf Seiten Dossier und ein Monomag. Muss das sein? Ja. Denn wer macht den Frauen bei ihrem Durchmarsch das Leben schwer? Jungs. Jungs, die einfachste Texte nicht verstehen.

Selbstverständlich wird auch Selbstkritik geübt: Hat es noch einen Sinn, Männer zu verdammen, wenn Frauen wie Condoleezza Rice im Weißen Haus das Zepter schwingen? Oder Frauen zu Hause noch ganz andere Dinge schwingen? Aber hat es umgekehrt einen Sinn, Frauen zu verdammen, wenn die Mädels laut Studien zwar schlau, aber nicht halb so selbstbewusst (= böse) sind, wie sie gerne wären? Verschiedende ExpertInnen in dieser Ausgabe raten, man solle aufhören mit der einseitigen Verdammung, stattdessen androgyne Leitbilder entwickeln. Schluss mit dem Geschlechterkampf? Ende der Gender-Wissenschaften? Gemach, liebe Männerkämpferinnen und Frauenforscher, der Arbeitsplatz ist sicher: Denn: „androgynes Leitbild“, was das sein soll, haben nicht nur Jungs noch nicht verstanden. HEIDE OESTREICH

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