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Gepflegter Koalitionsstreit

Bündnisgrüne fordern von SPD zügige Umsetzung weiterer Reformprojekte. Kritik an Kanzlers Stopp beim Umbau der Pflegeversicherung. Warnung vor neuer „Politik der ruhigen Hand“

BERLIN taz ■ Nach dem Rückzieher von Bundeskanzler Gerhard Schröder bei der Reform der Pflegeversicherung haben führende Grünen-Politiker die SPD davor gewarnt, beim Umbau der Sozialsysteme nachzulassen.

„Wir dürfen nicht auf halbem Wege stehen bleiben“, sagte die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt, gestern der taz. „Bei dem von SPD und Grünen gemeinsam beschlossenen Kurs darf es jetzt kein Schwanken geben.“ Die Neugestaltung der Pflegeversicherung müsse „so bald wie möglich“ begonnen werden.

Grünen-Parteichef Reinhard Bütikofer erinnerte daran, dass sich die Koalition vorgenommen habe, „Reformen anzupacken, auch wenn das für beide Parteien schwierig wird“. Auf die bisher erreichten Ergebnisse sei man „zu Recht stolz gewesen“, sagte Bütikofer der taz. Nun dürfe man aber auch die Pflegereform „nicht zwei oder drei Jahre auf die lange Bank“ schieben. Ohne Änderungen müsse man schon im Jahr 2005 eine Unterschreitung der gesetzlichen Rücklage der Pflegeversicherung befürchten. „Deswegen muss rechtzeitig gehandelt werden.“

Schröder hatte die bisherigen Pläne von Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) für die Pflegereform am Dienstag gestoppt. Zunächst soll nur die vom Bundesverfassungsgericht verlangte Besserstellung von Eltern bei den Beiträgen zur Pflegeversicherung umgesetzt werden. Schmidt wollte Kinderlose mit einem Zusatzbeitrag von 2,50 Euro monatlich belegen. Schröder hatte dies mit der Begründung abgelehnt, bei den Bürgern sei inzwischen die Grenze der Belastbarkeit erreicht.

Während Schröders Bemerkung in der SPD angesichts der sinkenden Umfragewerte teilweise mit Erleichterung aufgenommen wurde, sorgen sich die Grünen vor einer Rückkehr zur „Politik der ruhigen Hand“, die Schröder einst vertreten hatte.

„Die Hand darf nicht zu ruhig werden“, sagte die Hamburger Grünen-Chefin Anja Hajduk der taz. „Man kann einzelne Reformschritte kritisch überprüfen“, so Hajduk, „aber man muss Acht geben, dass man sich nicht zu eng an den Umfragewerten orientiert.“ Parteichef Bütikofer sagte: „Ich glaube, dass es in der SPD genug Leute gibt, die damals begriffen haben, dass eine Politik der ruhigen Hand nicht nur gute Ergebnisse gezeitigt hat.“

LUKAS WALLRAFF, JENS KÖNIG

inland SEITE 7

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