Italiens Städte schmücken sich mit der Regenbogenfahne

Von rund 2,5 Millionen Balkonen hängt in Italien die „Pace“-Fahne herunter. Auch in Deutschland ist die Friedensfahne schon ein Verkaufsschlager

ROM/BERLIN taz ■ Zu Beginn war es nur eine Fahne, die von einem der gut 100 Balkons des achtstöckigen Wohnblocks herunterhing, die mit ihren Regenbogenfarben und der Aufschrift „Pace“ Frieden im Irak reklamierte. Ein Fremdkörper, schien es, wie die Studenten, die sie aufgezogen hatten in dem eher rechts gestimmten Bürgerviertel Roms. Doch ein paar Tage später, Mitte Februar, wagt sich auch die Rentnerin im dritten Stock hervor, dann die Angestelltenfamilie im Erdgeschoss, das junge Ehepaar oben im achten Stock.

Durchaus repräsentativ für Italien. Auf circa 2,5 Millionen schätzt die Initiative „Frieden von allen Balkonen“ die Zahl der Fahnen, die mittlerweile quer durchs Land aufgezogen wurden. So breit mittlerweile das Spektrum der Organisationen ist, die sich der Kampagne angeschlossen haben, so repräsentativ ist der Querschnitt bei den Beteiligten. Ob linke Städte wie Bologna oder Florenz, ob katholisch geprägte Orte wie Trient – Italien trägt den Regenbogen.

Bei der Initiative selbst gibt es dank der regen Nachfrage immer wieder Lieferengpässe. In Spitzenzeiten näht die Firma aus der Nähe von Florenz 20.000 Fahnen pro Tag, und um die Nachfrage zu befriedigen, wurden Subunternehmer eingespannt. Doch mittlerweile vertreiben auch fliegende Händler an Straßenecken das bunte Tuch, legt es die linke Tageszeitung L’Unità ihrer Ausgabe bei.

Auch außerhalb Italiens ist die Nachfrage riesig. In Deutschland werden händeringend freiwillige Helfer zur Erledigung der Bestellungen gesucht. Zumindest bei der Attac-Gruppe im baden-württembergischen Blaustein, die die Flaggen unter www.friedensfahnen.de vertreibt.

„Die Bestellungen stapeln sich schon bis unter die Decke“, stöhnt Elke Grözinger von der lokalen Attac-Gruppe. Bisher wurden etwa 20.000 Flaggen zum Stückpreis von 10 Euro übers Internet verkauft, und mehr als 80 Verkaufsstellen haben sich der Aktion bereits angeschlossen. Pro Tag laufen in Blaustein etwa 500 Bestellungen ein.

Auch bei professionellen Flaggenhändlern läuft das Geschäft mit Friedensfahnen gut. Jens Hennlein vom Berliner Flaggenhaus am Alexanderplatz hat in den letzten Tagen die italienische Pace-Fahne „im fünfstelligen Bereich“ verkauft. Hauptsächlich an Wiederverkäufer. Neben der Friedensfahne ist auch die Nachfrage nach Irak- und USA-Fahnen enorm gestiegen „Wenn bei einer Demo 30 Schüler im Geschäft sind, kauft jeder Zweite aus Jux und Dollerei eine Irak- oder USA-Fahne.“ Das Geschäft mit den Friedensfahnen nennt Hennlein „eine schöne Sache“. Doch letzten Endes sei es nur „ein Ausgleich zur schlechten Konjunktur“.

Markus Brandt hingegen, der von Dortmund aus unter www.flaggen.org Fahnen vertreibt, hat Regenbogenfarben mit englischsprachigem Friedensaufdruck in Fernost in Auftrag gegeben. Weil die Lieferzeiten relativ lang sind, bekommt er die Ungeduld vieler Besteller zu spüren. „Die, die die Friedensflagge bestellen, gehören nicht unbedingt zur friedlichsten Kundschaft.“ MICHAEL BRAUN
B. BOLLWAHN DE PAEZ CASANOVA