: „Scheinheiliges Geschwätz, Schwachsinn“
Opposition: Ministerpräsident Steinbrück ließ Regierungszentrale für SPD arbeiten. Staatskanzlei-Sprecher rastet aus
DÜSSELDORF taz ■ SPD-Ministerpräsident Peer Steinbrück war im Detail über Planungen seiner Regierungszentrale informiert, die angedachte Imagekampagne ‚NRW vorn‘ für parteipolitische Zwecke zu nutzen. Staatskanzlei-Chef Wolfram Kuschke (SPD) musste gestern vor dem Hauptausschuss des Landtags einräumen, Steinbrück habe die Seite sieben des von der Planungsabteilung der Regierungszentrale erarbeiteten Strategiepapiers „Neue Kraft für den Aufbruch – Idee einer integrierten Kampagne im Jahr 2004“ gekannt. Daraus geht eindeutig hervor, das ‚NRW vorn‘ in den Wahlkampf der SPD integriert werden sollte. Steinbrück hatte dagegen immer versichert, die Kampagne solle „so neutral wie nur möglich“ gestaltet werden.
Die Opposition kritisierte „unhaltbare Zustände“ in der Staatskanzlei: „Vom Steuerzahler bezahlte Beamte fühlen sich dort anscheinend nicht in erster Linie unserem Land, sondern der SPD verpflichtet“, so der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Helmut Stahl. Offensichtlich herrsche in der Regierungszentrale das Motto „erst die Partei, dann das Land“. Auch die FDP kritisierte, die seit 1966 regierenden Sozialdemokraten verwechselten Partei- mit Landesinteressen: „Die Devise ‚wir sind NRW‘ gilt noch immer“, klagt Fraktionsgeschäftsführerin Marianne Thomann-Stahl. Steinbrück habe den Landtag bei der gestrigen Aktuellen Stunde „nicht umfassend informiert“.
Trotz des durch ein Leck in der Staatskanzlei erzeugten kommunikativen Super-Gaus will Steinbrück an seiner Imagekampagne festhalten. „Noch in diesem Monat“ werde es weitere Gespräche mit Vorstandsvorsitzenden führender nordrhein-westfälischer Unternehmen geben, kündigte Staatskanzlei-Sprecher Walter Jakobs an – Steinbrück will ‚NRW vorn‘ nicht nur aus Steuermitteln finanzieren, auch die Wirtschaft soll sich an der Finanzierung beteiligen. Ein Sponsoring gilt nach dem Skandal aber als unwahrscheinlich. Mittlerweile liegen in der Regierungszentrale die Nerven blank: „Scheinheiliges Geschwätz, Schwachsinn“ seien die Vorwürfe der Opposition, so Jakobs – „und das können Sie alles schreiben“. CDU und FDP redeten „das Land schlecht“, um einen Vorteil bei der Landtagswahl zu erhalten. Die Oppsition habe ‚NRW vorn‘ immer bekämpft – dabei betrieben auch die unionsregierten Länder Baden-Württemberg und Bayern ähnliche Kampagnen: „Alle machen das, doch nur wir beschäftigen uns hier mit dieser Scheiße.“
ANDREAS WYPUTTA
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