piwik no script img

Münsters Liberale koppeln sich ab

Carola Möllemann-Appelhoff will im September zur liberalen Bürgermeisterin von Münster gewählt werden. Sie und die Freidemokraten wollen den Streit um den Tod ihres Mannes zum Schnee von gestern erklären

MÜNSTER taz ■ Münster soll wieder von Möllemann regiert werden. Carola Möllemann-Appelhoff, Witwe des vor acht Monaten umgekommenen Jürgen W. Möllemann, kandidiert für die FDP um das Amt der Oberbürgermeisterin. Morgen wird sie höchstwahrscheinlich vom Kreisparteitag gewählt, es gibt bisher keineN GegenkandidatIn. „Ich habe meinen Entschluss lange und gründlich überlegt“, sagt Möllemann-Appelhoff zur taz. Zum Streit mit der Parteispitze über den unerwarteten Tod ihres Mannes will sie sich nicht äußern: „Ich mache meine kommunalpolitische Arbeit, der Rest interessiert mich nicht.“

Vor wenigen Monaten war das noch anders. „Ich sehe mich außer Stande, mit bestimmten Personen in der FDP weiter zusammen zu arbeiten“, sagte Möllemann-Appelhoff und gab ihren FDP-Kreisvorsitz in Münster ab. Nach Jürgen W. Möllemanns tödlichem Fallschirmsprung schickte seine Witwe die Kondolenzschreiben von Spitzenvertretern der FDP auf Bundes- und Landesebene zurück. Sie wollte deren Traueranzeigen nicht auf derselben Zeitungsseite wie die eigene finden. Und sie fragt im Anzeigentext nach Rechenschaft von denen, „die auf niederträchtige Weise versucht haben, sowohl den Menschen Jürgen W. Möllemann wie auch sein politisches Lebenswerk zu zerstören“.

An ihre harten Worte will sich in der Partei heute niemand mehr erinnern. Der Fraktionsvorsitzende im NRW-Landtag, Ingo Wolf, begrüßt es sehr, „dass eine langjährige erfahrene Politikerin für uns antritt.“ Woher jetzt ihr Sinneswandel komme, müsse Möllemann-Appelhoff selbst wissen. Der wirtschaftspolitische Sprecher der nordrhein-westfälischen FDP, Gerhard Papke, findet die Rückkehr der Möllemann-Familie prima: „Eine liberale Persönlichkeit für Münster.“ Die Vorgänge um den Tod ihres Mannes hätten bei Möllemann-Appelhoff zu „bestimmten Reaktionen“ geführt, die man nicht politisch bewerten dürfe. Papke bestreitet, dass sich die Politikerin von der Partei distanziert habe. „Sie hat nur ihre Sicht kommuniziert.“

Die Münsteraner Liberalen, langjährige Getreue ihres Ex-Mentors Möllemann wollen nicht, dass sich Landes- und Bundespolitiker der FDP einmischen. „Die Kandidatur ist eine rein kommunale Entscheidung“, sagt Kreisvorsitzender Daniel Bahr. Berlin und Düsseldorf sollten sich heraus halten. Der Vorsitzende der FDP-Münsterland Heinz-Wilhelm Steinmeier bietet der Möllemann-Witwe schon einmal an, über ihn mit der Landes-FDP zu kommunizieren, „falls das überhaupt nötig werden sollte.“ Und FDP-Beisitzer Ludwig Liesenkötter beschwichtigt: „Sie hat nur dieselbe Distanz zur Partei wie viele andere Liberale in Münster auch.“

ANNIKA JOERES

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen