: Liberale kuscheln mit Rechts
Die FDP will von den Niederlanden lernen und zweifelt eine mögliche Integration von AusländerInnen an. Diese sollen zukünftig für ihre Sprachkurse selbst zahlen – schließlich bringen sie keine Rendite
AUS DÜSSELDORF ANNIKA JOERES
Die FDP sucht nach rechten Vorbildern in den Niederlanden. Gestern stellte ihre migrationspolitische Sprecherin Ute Dreckmann gemeinsam mit dem Vorsitzenden der niederländischen Rechts-Liberalen VVD in Düsseldorf ihre Vorstellungen zur Integration von AusländerInnen vor. Ihr gemeinsamer Nenner wurde schnell deutlich: Integration solle nichts kosten, vor allem nicht den Staat.
„30 Jahre Einwanderung haben der Wirtschaft nichts eingebracht“, sagte der VVD-Vorsitzende Stef Blok in gebrochenem Deutsch. Überhaupt müsse die Integration insgesamt in Frage gestellt werden. „Die Möglichkeiten sind begrenzt.“ Die Untersuchung der niederländischen Enquête-Kommission „Brücken bauen“ habe jetzt ergeben, dass Sprachkurse nur von geringem Erfolg gekrönt seien. „Nur zwischen 15 und 40 Prozent der Teilnehmer sprechen anschließend holländisch.“ Blok will, ganz wie seine nordrhein-westfälischen FDP-KollegInnen, die staatliche Verantwortung auf die MigrantInnen übertragen: „Der eigene Einsatz ist entscheidend.“ Man müsse aber realistisch sein und sehen: „Die Erfolge der Integration sind immer gering.“
Dreckmann war begeistert von Bloks Vorschlägen. „Wir können vom Nachbarland lernen“, so die Bochumer Abgeordnete. „Ich war sehr überrascht über die Ergebnisse der Untersuchung,“ sagt sie, auch wenn sie leider erst sehr wenig von ihr gelesen habe. Ihr sei allerdings ebenso wie Blok klar, dass Sprachkurse ernorm teuer seien und viele TeinehmerInnen trotzdem nichts lernten. „AusländerInnen sollen sich an den Kosten beteiligen.“ Aber natürlich nur, wenn sie es verkraften könnten. Für konkrete Konsequenzen aus dem Zwei-Länder-Vergleich war Dreckmann anscheinend noch zu überrascht: Die Kurse könnten vielleicht besser verpflichtend sein, oder vielleicht doch freiwillig? Wie teuer die seien, könne sie auch nicht sagen. „Einen Königsweg gibt es da wohl nicht.“
Der Enquête-Bericht hatte Ende Januar in den Niederlanden zu großen Diskussionen geführt. Gerade die VVD heizte die Debatte mit populistischen Thesen an. Kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass vielen ArbeitsmigrantInnen der soziale Aufstieg geglückt sei, bestand Bloks Partei darauf, dass die Integrationspolitik gescheitert sei und die Kommission viele Probleme ignoriert habe, „zum Beispiel die der Kriminalität“. VVD-Fraktionschef Jozias van Aartsen klagte sogar, dass viele chancenarme AusländerInnen „die Gesellschaft terrorisieren.“
Auch gestern warnte Blok vor einer „multikulturellen Gesellschaft“, die zu „schwarzen Ghettos“ in den Städten führe. „Viele Moschee-Besucher haben kein Interesse an einem europäischen Islam.“ Die FDP stört sich nicht an Bloks Ausführungen und hofft sogar darauf, auf die „Landesregierung Druck ausüben zu können.“ Integration könne nur im Konsens entschieden werden, sagte Dreckmann.
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