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Kuhmist gegen Kanzler

Per Machtwort soll sich Gerhard Schröder für die A 39 zwischen Wolfsburg und Lüneburg eingesetzt haben. Jetzt formiert sich der Widerstand

Schäden für Natur und Anwohner fürchten auch Bauern, Umweltverbände und 16 Bürgerinitiativen

Aus Hannover Kai Schöneberg

Autolärm aus Lautsprechern, eine Riesenfuhre Kuhmist – bei der ersten Demonstration gegen die A 39 im Februar in Uelzen machten Autobahn-Kritiker ziemlich deutlich, was sie von der 50 Meter breiten Betonschneise halten, die schon im Jahr 2015 Lüneburg und Wolfsburg miteinander verbinden könnte. Je konkreter das gut 440 Millionen Euro teure Projekt wird, desto stärker formiert sich der Widerstand gegen die 80 Kilometer lange Trasse. Heute wollen Protestler beim Besuch von Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) in Lüneburg demonstrieren. Auch der Pfeifenraucher aus Uelzen hatte sich für die Trasse eingesetzt.

Eigentlich ist aber Gerhard Schröder für die Wut der Anlieger verantwortlich. Damit die Laster eines weltbekannten Wolfsburger Konzerns per A 39 leichter nach Hamburg und Nordeuropa brettern können, soll der Auto-Freund im vorigen Jahr per Machtwort durchgedrückt haben, dass die gesamte Strecke im „vordringlichen Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplans landet. Seitdem heißt die A 39 bei den Kritikern nur noch „Kanzler-Autobahn“. Aber auch Niedersachsens Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) betont, die A 39 sei „im Zuge der EU-Osterweiterung wichtig für die Erschließung der gesamten Region“. Enno Hagenah, Fraktionsvize der niedersächsischen Grünen, sagt hingegen: „Das ist nur eine Strecke nur für VW.“

Nicht nur die Grünen opponieren, Schäden für Natur und Anwohner statt Vorteile für die lokale Wirtschaft erwarten auch Bauern, Umweltverbände und 16 Bürgerinitiativen. Tatsächlich stammen die ersten Planungen aus der Zeit, als Schröder noch Ministerpräsident in Niedersachsen war. Um das Autobahn-Loch zwischen Lüneburger Heide (A 7) und dem Berliner Ring zu füllen, war nach der Wende eine sogenannte „X“-Lösung im Gespräch: Je eine Autobahn von Magdeburg nach Lüneburg sowie von Wolfsburg nach Schwerin, die sich in der Mitte – etwa bei Salzwedel – kreuzen sollten. Nun wird am kostengünstigeren „H“ geplant: Eine Trasse von Magdeburg gen Schwerin im Osten (A 14), die A  39 im Westen – beide sollen später durch eine vierspurige Bundesstraße miteinander verbunden werden.

Kein X, kein H, „wir wollen die Null-Lösung“, sagt der Lüneburger Grünen-Abgeordnete Andreas Meihsies, der versucht, den A 39-Protest zu koordinieren. „Die Ilmenau-Niederung ist eines der letzten unberührten Gebiete in Niedersachsen“, sagt Meihsies. Umweltschutzverbände haben weitere 27 FFH-Gebiete und Vogelschutzzonen in der Region ausgemacht – Minister Hirche meint, er sehe „keine unüberwindlichen Hindernisse“. Die 16.000 Autos und Lastwagen, die laut einer Studie aus dem Jahr 1995 den A 39-Korridor passieren, rechtfertigen für viele nicht die Zerstörung des Gebietes östlich der Lüneburger Heide.

Etwas Zeit bleibt den Autobahngegnern noch. Im Sommer wird sich der Bundestag mit dem Projekt, das auch im Bundesverkehrswegeplan mit „sehr hohem Umweltrisiko“ eingestuft ist, befassen. In einem Brief an die SPD-Abgeordnete Hedi Wegner weist Meihsiehs auf die von ihm favorisierte Alternative zur A 39 hin: Ein Ausbau der Bundesstraße 4 reiche vollkommen für den Verkehr aus. Die Lösung hätte zusätzlichen Charme: Mit der teilweise vierspurigen Strecke würden per Ortsumgehungen auch die betroffenen Dorfkerne und Innenstädte entlastet.

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