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Prof drohen 15 Jahre Haft in Südkorea

Der Deutsch-Koreaner Song steht in Seoul vor Gericht, weil er für Nordkorea spioniert haben soll. Die Anwälte des Münsteraner Soziologen fordern Freispruch

BERLIN taz ■ Ein südkoreanischer Staatsanwalt hat gestern 15 Jahre Haft für den an der Universität Münster lehrenden Soziologieprofessor Song Du-yul gefordert. Dies berichtete sein Sohn Rinn Song aus Seoul der taz. Dem koreanischstämmigen Professor, der seit 1967 in Deutschland lebt und seit 1992 deutscher Staatsbürger ist, wird vorgeworfen, verbotene Nordkorea-Kontakte gehabt und für Pjöngjang spioniert zu haben. Dies verstoße gegen das Nationale Sicherheitsgesetz. Songs Anwälte forderten Freispruch. Der 59-Jährige war im September erstmals nach Seoul zurückgekehrt.

Laut Rinn Song sagte der Staatsanwalt, der Angeklagte wäre „über 30 Jahre ein hochrangiger Agent gewesen, der als Wissenschaftler getarnt sei“ und „keine Reue für seine Taten gezeigt“ habe. Der Staatsanwalt bezeichnete Songs Tätigkeit als schwerwiegender, als wenn er hochrangige Südkoreaner ermordet hätte. Auch fordere er nicht lebenslängliche Haft, weil sich seit dem innerkoreanischen Gipfel 2000 die Lage auf der Halbinsel verändert habe.

Songs Anwalt sagte, er habe das Gefühl, „in einem Gericht der 70er-Jahre“ zu sitzen, und wundere sich, in welchem Land er lebe. Menschenrechtsorganisationen fordern seit Jahren eine Abschaffung des Nationalen Sicherheitsgesetzes, weil es rechtsstaatliche Prinzipien verletze. Rinn Song nannte das Plädoyer des Staatsanwalts „verdreht und verlogen“, weil der Prozess gezeigt habe, dass die Anklage nicht haltbar sei.

Die Staatsanwaltschaft hatte die Medien mit ihren Vorwürfen gegen Song gefüttert und ihn so vorverurteilen lassen. So titelte die konservative Chosun Ilbo gestern in ihrem englischen Onlinedienst: „Song muss 15 Jahre hinter Gitter“. Das Urteil wird am 30. März erwartet. SVEN HANSEN

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