: Millerntor zum Mitnehmen
Rechtzeitig zu Weihnachten sind drei sehr unterschiedliche Dokumentationen erschienen. Sie beleuchten die wechselvolle Geschichte und Gegenwart des FC St. Pauli und seines Umfelds sehr unterhaltsam, meist klischeearm und immer informativ
VON MARCO CARINI
Weihnachtstage, Jahreswechsel: Das heißt Fußballwinterpause; spielfreie Zeit. Damit die zumindest für die Fans des FC St. Pauli nicht zu trist wird, schneien zum Fest gleich drei Dokumentationen über den Kiez-Club auf den Bücher- und DVD-Markt.
„Niemand siegt am Millerntor“ heißt die von taz-Autor René Martens geschriebene, reich illustrierte „Geschichte des legendären St.-Pauli-Stadions“. Auf 160 Seiten dokumentiert der Journalist die Historie der Spielstätte bis zum Südtribünen-Neubau im ablaufenden Jahr und versteht es dabei mit zahlreichen Anekdoten und Erzählgeschichten, dem Millerntor Leben einzuhauchen. Das mit seltenem Fotomaterial gespickte, im „Verlag Die Werkstatt“ erschienene Buch bietet jede Menge unterhaltsamen Lesestoff und öffnet immer wieder den Blick hinter die Kulissen.
Im selben Verlag erschien Ende November die von Ronny Galczinski und Bernd Carstensen zusammengetragene „FC St. Pauli Vereinsenzyklopädie“. Was betulich klingt – der lexikalische Zugriff auf die Vereinsgeschichte – ist auf 360 Seiten höchst kurzweilig gestaltet. Das Nachschlagewerk bietet nicht nur einen umfassenden und mit vielen Schmonzetten angereicherten Überblick über alle wichtigen Spieler und Funktionäre des Vereins, sondern erzählt unter diversen Stichworten viele amüsante und zum Teil fast vergessene Geschichten aus der 98-jährigen Vereinshistorie. Ein Fußballlexikon der besonderen Art.
Für die Freunde bewegter Bilder ist Anfang Dezember der Kinofilm „Sankt Pauli! Rausgehen – Warmmachen – Weghauen“ auf DVD erschienen. Regiedebütant Joachim Bornemann geht es weniger um die Highlights des laufenden Spielbetriebs, sondern um den Blick ins Innenleben des Vereins und seine Verzahnung mit dem Stadtteil, nach dem er benannt ist und in dem Glamour und Elend näher beieinander liegen, als in irgendeinem anderen Viertel. So unterscheidet sich die Vereins-Doku von allen anderen Machwerken dieses Genres. Sie dokumentiert das Leben auf dem Kiez, im und rund um das Millerntor. Obwohl die Gewichtungen nicht immer stimmig sind und manche Szene etwas langatmig daherkommt, bietet die DVD erstaunliche und zumeist klischeearme Einblicke, in das, was die Besonderheit des FC St. Pauli ausmacht.
René Martens: Niemand siegt am Millerntor. Göttingen 2008, 160 S., 24,90 Euro. Ronny Galcynski, Bernd Carstensen: FC St. Pauli Vereinsenyklopädie, Göttingen 2008, 368 S., 24,90 Euro. Joachim Bornemann: Sankt Pauli! Rausgehen – Warmmachen – Weghauen. Hamburg/München 2008. DVD, 94 Minuten. 15 Euro.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen