: Die Oberfläche lügt nicht
Für unertappte Betrachter: Im Bunker F38 zeigt der Bremer Verband Bildender KünstlerInnen Arbeiten von neuen Mitgliedern
Grimmen Blickes empfängt den Ausstellungsbesucher ein steinerner Wegelagerer. Da liegt er und bewacht den Bunker F38, das Auge am Guckrohr, den Körper in ein imaginäres U–Boot gedrängt: In Stein gehauene Platzangst.
Der Zerberus wurde gestaltet von Amir Omerovic, einem neuen Mitglied des Bremer Verbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK). Im Bunker selbst zeigen noch fünf weitere Verbandes-Novizen ihre Arbeiten: Malerei, Fotografie, Collagen und eben auch Skulpturen, wie die eigenwillige, im Stein gefangene Gestalt vor der Tür.
Der einstige Ort der Angst ist heute geräumig und hell. Seit Hausherr Rainer Mielke den Schwachhausener Bunker umgestaltet hat, stellt hier nicht nur der BBK regelmäßig aus. Mit Ernst Jandls „humanisten“ kam auch schon eine Oper zur Aufführung.
Zu den BBK–Neulingen zählt auch der Fotograf Matthias Haun. Seine Bilder hängen paarweise als Gegensatzpaare: Wolkiges Himmelblau wird durch Wellblechmuster kontrastiert. Natur gegen Industrie. Haun geht es um die Schönheit der Formen, damit löst er den Natur-Technik-Gegensatz auf. Menschen sind hier fehl am Platze, sie sind diejenigen, die dazustoßen, die unertappten Betrachter.
Andere Räume lichtet Verena Müller ab: Ihre Kamera sucht in Hinterzimmer und Bürgerstube nach Motiven. Auch bei ihr ergänzen sich jeweils zwei Bilder zu einer Arbeit. Die Fotopaare zeigen jeweils eine Frau und einen leeren Raum. Die Frau posiert, der Raum auch. Beispielsweise: Frau vor Blümchentapeten, daneben ein Raum nur aus Dekoration, um die Leere zu übertünchen. Müller wählt für beide Motive die gleiche steril-perfekte Ästhetik: Wie beidseitige Modemagazin-Anzeigen transportieren die Doppelarbeiten vor allem Makellosigkeit.
Müller will „anstelle von Einzigartigkeit“ die Wiederholung bestimmter tradierter Muster und Abbilder zeigen. Alltag als Resultat eines Wiederholungszwanges: Müller löst sich aus der Nostalgie, indem sie sie vorführt.
Das Pokerface wird bei Verena Müller zum Stilprinzip: Hinter der katalogmäßigen Aufmachung verbirgt sich nichts. Die Fassade, die die Künstlerin entwirft, ist wahr. Auf diesem Terrain gibt es keinen Subtext, der nicht schon im Text enthalten wäre. Eine Oberfläche, die nicht lügt. Robert Best
bis 25.4. im Bunker F38, Claussenstr.14, Sa. 14-18 Uhr, So. 12-18 Uhr
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