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In Hamburg wohnen, Hamburg sehen

SPD will auf dem Kleinen Grasbrook 8000 Wohnungen für Normalverdiener und Familien bauen. Hafenbecken sollen nicht verschüttet, Brücken nicht durch Dämme ersetzt werden. Ideenworkshop geplant. „Schlüsselprojekt für wachsende Stadt“

von GERNOT KNÖDLER

Die SPD will die Hafen-City um ein ähnlich privilegiert liegendes Viertel für Normalverdiener ergänzen. Die Bürgerschaftsabgeordnete Barbara Duden und der Fraktionschef in Mitte, Jan-Hinrich Fock, stellten gestern die Idee vor, 8000 Wohnungen auf dem Kleinen Grasbrook zwischen Amerikahöft und der Veddel zu bauen. Von der Hafencity wäre das Gebiet durch einen Park hinter dem Veddelhöft getrennt, der in der Olympia-Planung vorgesehen war und das Stadion hatte aufnehmen sollen. „Es ist Zeit, dass wir uns Gedanken machen über die untergenutzten Hafenflächen“, sagte Fock.

Mit einer Wohn- und Bürobebauung auf dem Kleinen Grasbrook würde Hamburgs Stadtentwicklung den seit einigen Jahren diskutierten Sprung über die Elbe vollziehen (siehe Kasten). Die Baubehörde und die Handelskammer haben hierfür während des Architektursommers zwischen dem 17. und 24. Juli zu einer internationalen Entwurfswerkstatt eingeladen.

Deren Ergebnis will die SPD mit einem internationalen Ideen-Workshop „Wohnen am Wasser – Leben am Fluss“ konkretisieren. Einladen soll dazu die Bezirksversammlung Mitte. Die GAL hat sich bereits dafür ausgesprochen, so dass ein entsprechender Beschluss zu Stande kommen wird. Ihr Fraktionschef Claudius Lieven bezeichnete es als „strategisch richtig“, sich frühzeitig Gedanken zu machen.

Nach den Vorstellungen der SPD soll der Kleine Grasbrook zu zwei Dritteln mit Wohnungen und zu einem Drittel mit Büros bebaut werden – mit reizvoller Aussicht auf die nördlich liegende Stadt. Zwei Drittel der Wohnungen wollen die Sozialdemokraten in großen Häusern, ein Drittel in überschaubaren „Stadthäusern“ realisieren. Die Stadt, der die heutigen Umschlags-, Lagerei- und Raffinerieflächen gehören, soll die Grundstücke billig abgeben, um niedrige Baupreise und Mieten zu gewährleisten. „Es muss vertraglich geregelt werden, dass dort nicht nur Dinks (Double income no kids) wohnen“, sagte Fock. Die Nettokaltmieten müssten auf jeden Fall unter zehn Euro pro Quadratmeter liegen.

Im Gegensatz zur Hafen-City solle es auf dem Kleinen Grasbrook auch Sozialwohnungen geben. „Wir stellen uns das als Ergänzung vor“, sagte Klaus Lübke, SPD-Mitglied im Ortsausschuss Veddel-Rothenburgsort. Die Veddel, so die Hoffnung, würde durch einen lebendigen Stadtteil in unmittelbarer Nachbarschaft aus ihrer Isolation und von ihren Strukturproblemen befreit. Um das künftige Stadtentwicklungsgebiet attraktiv zu halten, dürften die Hafenbecken nicht zugeschüttet und die Brücken nicht durch Dämme ersetzt werden. „Wir würden ein Juwel Hamburgs verschütten“, warnte Fock.

Carsten Venus vom Architekturbüro Blauraum, das die SPD beriet, bezeichnete die Idee als „Schlüsselprojekt im Rahmen einer wachsenden Stadt“. Venus zufolge sollten im Workshop für die Entwicklung des Gebietes andere Lösungen gefunden werden können als in der Hafen-City. Für den Hochwasserschutz müsse beispielsweise nicht das ganze Gelände erhöht werden.

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