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Tierschutz statt Ökonomie

Landwirtschaftsministerin Bärbel Höhn stellt Tierschutzbericht vor - und lobt den Trend zu artgerechterer Haltung. Doch Naturschützer kritisieren Quälerei gerade bei Puten- und Nerzzucht

AUS DÜSSELDORF ANDREAS WYPUTTA

Nordrhein-Westfalens grüne Umwelt- und Landwirtschaftsministerin Bärbel Höhn sieht das größte Bundesland beim Tierschutz vorn. Auch auf ihren persönlichen Druck hin gebe es ab dem 1. Januar keine Batteriekäfighaltung von Hühnern mehr, bilanzierte die Ministerin bei der Vorstellung des Landestierschutzberichts gestern in der Düsseldorfer Staatskanzlei. „Das ist einer der größten Erfolge im Tierschutz überhaupt“, freut sich Höhn.

Eine ähnlich positive Bilanz zog Höhn auch bei der Schweinemast: Die seit drei Jahren geltenden Erlasse des Landes sorgten bei Neubauten von Ställen für mehr Platz, während die EU für ein 110 Kilogramm schweres Schwein nur 0,6 Quadratmeter vorschreibt, fordert NRW mindestens einen Quadratmeter – also auch nur die Hälfte eines Einzelbettes. Auch bei den skeptischen Landwirten werde ihre von der Opposition einst als „Kuschelerlass“ verspottete Vorschrift mittlerweile akzeptiert: Höhn hatte sich mit ihrer Forderung nach Spielzeug – etwa Bällen – für die „hochintelligenten Tiere“ ebenso durchgesetzt wie mit dem Verbot einer vollautomatischen Fütterung und Entmistung. Der Grund: Die Schweine erreichen ihr Mastgewicht wegen der höheren Zuwendung schneller.

Scharfe Kritik kam von Tierschützern. Zwar loben auch sie Fortschritte bei der Hühnern und Schweinen, doch bei der industriellen Putenmast sei die Situation ebenso katastrophal wie bei den zehn Pelztierfarmen in NRW. Die als Laufvögel geborenen Puten litten unter zu engen Ställen, fehlendem Auslauf und dem Kürzen der Schnäbel zur Verhinderung autoagressiven Verhaltens, so Ralf Bilke, Agrarreferent des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in NRW. „Viel zu viele Tiere auf engem Raum und eine völlig unnatürliche, schnelle Gewichtszunahme führen dazu, dass die Tiere in der Endphase der Mast immer länger und dicht beieinander am Boden liegen“, klagt auch der BUND-Vorsitzende Klaus Brunsmeier. Die Puten liegen in ihrem eigenen Kot und können sich kaum noch bewegen. Der BUND spricht von „enormen Defiziten bei der Kontrolle“.

Quälerei auch bei der unsinnigen Pelztierzucht: Die Käfige sind viel zu klein für die extrem aktiven Nerze und Chinchillas, der für den Züchter zur Kotbeseitigung bequemen Drahtböden verletzen die Pfoten, die geselligen Tiere werden allein gehalten. „Gerade bei den Pelztieren ist der Bericht total beschönigend“, meint Agrarreferent Bilke. „Kein einziger Betrieb hält sich an die Vorgaben.“ Auch Höhn räumt Mängel in der Puten- und Pelztierzucht ein - die rot-grüne Landesregierung will die Pelztierhaltung in Käfigen möglichst schnell abschaffen, liegt aber im juristischen Dauerclinch mit den Züchtern. Auch bei der Putenmast müsse „etwas getan werden“, so Höhn auf Nachfrage der taz. „Die derzeitige Haltung ist ganz sicher nicht artgerecht.“

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