: Für eigene Rechte und kulturelle Identität
Kölner Roma feiern in Ehrenfeld den Welt-Roma-Tag. Laut Flüchtlingsrat drohen wieder Abschiebungen ins Kosovo
KÖLN taz ■ Zur Feier des Tages freute sich Renate Graffmann, die 1. Vorsitzende des Kölner Rom e.V., über ein „Geschenk“: „Der SPD-Landtagsabgeordnete Felix von Grünberg aus Bonn hat uns versprochen, dass es vorerst keine Abschiebungen mehr von Roma-Flüchtlingen in den Kosovo geben wird“, sagte sie der taz. Anlass für die Ankündigung war der „Welt-Roma-Tag“. Er wurde, von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, am Donnerstag Abend im Ehrenfelder Pralipe-Theater begangen. Auf dem Programm standen Reden, Musik, Lesungen und Theater.
Am 8. April 1971 hatten sich in London erstmals Roma aus aller Welt getroffen, um sich gemeinsam für ihre Bürgerrechte einzusetzen und sich auf ihre kulturelle Identität zu besinnen. Für Pralipe-Chef Rahim Burhan war das ein überaus glücklicher Tag. Er erinnerte sich: „Wir versammelten uns erstmals unter einer eigenen Fahne und sangen eine eigene Hymne.“ Und seitdem würde nicht mehr von Zigeunern, Gipsys oder Gitanes geredet, sondern von Roma und Sinti. Doch grundsätzlich habe sich seit diesem Tag wenig geändert, meinte er. Bestenfalls sei die Situation um „eine halbe Nuance“ besser geworden.
Dies bestätigte Sabina Xhemajali (27), die in Deutschland geboren wurde. Die Mitarbeiterin des Kölner Rom e.V. erzählte: „Mein Vater kam vor 30 Jahren als Gastarbeiter aus dem Kosovo nach Siegen. Auf dem Bahnhof empfing ihn der Bürgermeister mit einer Blaskapelle.“ Er sei dort bis heute ein geachteter Mann, jedoch habe er sich als „Jugoslawe“ nicht zu seiner Roma-Herkunft bekannt und dies auch seinen Kindern verboten.
Sie selber habe lange gebraucht, ihre kulturelle Identität zu finden. Viele Roma hätten bis heute nicht den Mut dazu gefunden. Verantwortlich für die Angst vor immer noch drohenden Demütigungen macht Sabina Xhemajali beispielsweise die rassistischen Äußerungen von Politikern und die Medien, die von so genannten „Klau-Kids“ und „illegal Eingereisten“ immer in Zusammenhang mit Roma berichteten.
Sabina Xhemajali relativierte die Freude über den vorläufigen Abschiebestopp. Der beträfe nicht Familien, die in serbischen Grenzgebieten wohnten, wo Roma ebenfalls unterdrückt würden. Nach Aussagen des Kölner Flüchtlingsrates ist der nächste Abschiebeflug in den Kosovo für den 29. April geplant. Schon am 20. April soll von Düsseldorf aus ein Abschiebecharterflug nach Belgrad gehen.JÜRGEN SCHÖN
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