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der homosexuelle mann … von ELMAR KRAUSHAAR

… macht sich gern zum Affen, im Film, im Fernsehen, auf der Bühne. Hauptsache, die Leute können über ihn lachen, das entspannt so schön. Und nimmt die Fremdheit zwischen den Männern, die keine richtigen sind, und dem Rest der Bevölkerung.

Erinnern Sie sich noch an Hubert „Hubsi“ von Meyerinck? Oder an Boy Gobert? Es gab kaum ein Filmchen der Fünfziger- und Sechzigerjahre, wo nicht einer der beiden auftauchte, als lächerliche Figur selbstverständlich. Mit eleganten Trippelschritten kamen sie meist ins Bild, klatschten verzückt in die Hände und riefen mit heller Stimme so was Beklopptes wie „Kiiiiinder, macht aber ja keinen Schmutz!“, und meinten dabei eine Party-Gesellschaft in einer Wirtschaftswundervilla.

Oder wenn sie mit Frauen sprachen, begannen sie ihre Rede immer mit „Liebes …“ oder „Schätzchen …“, wie halt Homosexuelle so mit Frauen reden. Das große Vorbild für derlei Darstellung: die unschlagbare Grethe Weiser.

Haben Sie schon mal Ralph Morgenstern gesehen, in „Blond am Freitag“, diesem Trash-Talk kurz nach Mitternacht im ZDF? Morgenstern ist die zeitgemäße „Hubsi“-Variante, kann boshaft sein oder frech oder gemein, und setzt dann doch noch ein Lächeln obendrauf, und jede Schärfe ist dahin. Seine Sendung hat ihren Höhepunkt erreicht, wenn die Geschlechter eins geworden sind, und die Frauen sind die Männer, und der Mann ist die Frau, und außerdem ist es sowieso egal.

Zeitgemäß ist Morgenstern aber nur deswegen, weil er nebenbei über seinen Mann plaudern darf, über sein Sosein im Besonderen und das Homosexuelle im Allgemeinen. Das durfte Hubert von Meyerinck nicht und auch nicht Boy Gobert, jedenfalls nicht öffentlich. Doch eigentlich ist diese Figur der Partylöwin im Männerdress längst démodé.

Für den Übergang zum neuen Homosexuellen als Medienfigur wurde der Metrosexuelle erfunden, mit spielerischen Kopfhaarkreationen à la Beckham, ein bisschen Puder auf Wange und Nase und Augenbrauen, die aufgemalt sind oder zum Zebrastreifen rasiert. Nichts Beunruhigendes, geeignet für Jungs um 25 und optisch eine gefällige Abwechslung. Eine Trendgeschichte, die uns in Bälde zu dem homosexuellen Mann führt, der sich in nichts mehr von seinem heterosexuellen Bruder unterscheidet.

„Playing It Straight“ heißt eine Reality-Show aus den USA, die uns ein bisschen in diese kunterbunte Zukunft blicken lässt. In der erfolgreichen Serie gehen 14 Männer an den Start mit einer Frau, deren Aufgabe es ist, sich für den richtigen zu entscheiden. Aber – Vorsicht Falle! – sieben der Kerle sind schwul, und fällt sie auf einen von denen rein, entgehen ihr eine Million Dollar, die kriegt der Camouflage-Hetero ganz alleine. Krallt sie sich aber einen richtigen Hetero, darf sich das neue Paar die Million teilen. Was für ein Wettbewerb, lauter Schwule, die auf Hetero machen müssen – dafür sind eine Million Dollar wirklich ein korrekter Lohn! Nicht ganz so weit ist der Reality-TV-Erfinder Endemol: Der hat in „There’s Someting About Miriam“ eine Frau mit sechs Männern aufgefahren, und die müssen so lange baggern, bis sie merken, dass die Frau auch ein Schwanzträger ist. Ätsch!

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