piwik no script img

Briefmarken und Gedenkmünzen

Papst Johannes Paul II. trifft heute zu einem viertägigen Besuch in Kroatien ein. Ein begeisterter Empfang dürfte ihm sicher sein. Die sozialdemokratisch geführte Regierung erhofft sich von der Visite Unterstützung für ihren proeuropäischen Kurs

aus Split ERICH RATHFELDER

Die 100. Auslandsreise führt Papst Johannes Paul II. heute nach Kroatien. Das Ziel der Jubiläumsreise dürfte nicht ganz zufällig gewählt sein. Denn Kroatien gehört neben Polen, Spanien, Irland und Italien zu den katholischsten aller europäischen Nationen. Fast 90 Prozent der Bevölkerung hängt dem römischen Glauben an. Und das nicht nur auf dem Papier. Die bei Gottesdiensten vollen Kirchen zeugen von der Popularität der Kirche in der Gesellschaft.

Der katholische Glaube gehört zur nationalen Identität der Kroaten. Der kroatische Klerus hat sich in Konfrontation mit der Orthodoxie und dem Islam zudem seit jeher als ein kämpferischer verstanden. Mit den Küstenstädten Dubrovnik, Rijeka, Zadar sowie den ostslawonischen Städten Osijek und Djakovo hat der Papst sich für seinen viertägigen Besuch jedoch Orte ausgesucht, die nicht unbedingt den konservativsten Teil des kroatischen Klerus repräsentieren. Noch vor wenigen Monaten hatten Teile des Klerus die sozialdemokratisch geführte Regierung wegen ihrer Zusammenarbeit mit dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag scharf angegriffen. Diese Kreise drückten zudem ihre tiefe Skepsis gegenüber einer Integration in die Europäische Union aus.

Seit Jahren versucht aber der Papst auf dem Balkan, zwischen den Nationen und Religionen versöhnend zu wirken. Bei seinen bisherigen Besuchen im Lande, die 1994 und 1998 stattfanden, ging er protokollarisch auf Abstand zu dem früheren Präsidenten Franjo Tudjman, der sich einen engeren Schulterschluss mit dem Oberhaupt der Katholiken gewünscht hätte. Tudjman hatte zuvor der katholischen Kirche zu Privilegien in dem seit 1991 von Jugoslawien unabhängigen Staate verholfen. Er revidierte die antiklerikale Politik der zuvor herrschenden kommunistischen Machthaber. Der 1999 verstorbene ehemalige Präsident führte den obligatorischen Religionsunterricht wieder ein und gab die von den Kommunisten eingezogenen Kirchengüter zurück.

Es ist also kein Wunder, dass ein großer Teil des kroatischen Klerus bis heute den national-konservativen Parteien, vor allem der HDZ, der Kroatisch-Demokratischen Gemeinschaft, nahe stehen. Indem der Papst als Motto seiner Reise „Familie – Weg der Kirche und der Nation“ wählte, ist er zwar den Konservativen entgegengekommen. Doch andererseits hat er keinen Zweifel daran gelassen, dass er nationalistischen Positionen kritisch gegenübersteht.

So kann sich die sozialdemokratische Regierung von seinem Besuch sogar erhoffen, Unterstützung für ihre Politik der Öffnung nach Europa zu erhalten. Aus dem Umkreis des Papstes verlautete vor dem Besuch, dass Kroatien sich in die europäische Völkergemeinschaft integrieren und damit auch die Forderungen Europas an Kroatien akzeptieren müsse. Und dazu gehört eben auch die Zusammenarbeit in Bezug auf Den Haag sowie die Rückkehr von noch 200.000 der insgesamt 300.000 Serben, die während des Krieges der Jahre 1991–1995 aus Kroatien geflüchtet sind.

Die im Stimmungstief liegende Regierungskoalition unter Führung des Exkommunisten Ivica Racan hat im Gegenzug alles dafür getan, den Papstbesuch mit Glanz über die Bühne zu bringen. Sonderbriefmarken wurden gedruckt, Gedenkmünzen in Gold und Silber geprägt, eigens Lieder für das Ereignis komponiert. Die staatlichen Medien, Fernsehen und Rundfunk, werden breit über das Ereignis berichten. Und als sicher gilt, dass an allen besuchten Orten hunderttausende von begeisterten Kroaten dem Papst zujubeln werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen