piwik no script img

Alles so schön grün hier

Die Einführung der Umweltzone verläuft reibungslos, die meisten Autos fahren mit Plaketten. Nur die Kontrollen wurden noch einmal verschoben und beim Datenschutz muss nachgebessert werden

Nur 50-mal wurde eine Ausnahme aufgrund „sozialer Härten“ genehmigt

VON EIKEN BRUHN

Grün, grün, grün, grün, grün – gelb – grün, grün, grün … Wer sich dieser Tage in Bremen an eine beliebige Straße stellt, kann erkennen, dass die Aufregung um die Einführung einer Umweltzone zum 1. Januar in weiten Teilen umsonst war. Die meisten PKWs genügen bereits jetzt den Ansprüchen, die sogar erst nach einer Übergangsfrist fällig werden: Ab 2011 dürfen nämlich auch die Autos, deren Umweltschädlichkeits-Grad mit einer gelben oder roten Plakette gekennzeichnet sind, nicht mehr in die Innenstadt fahren, dann ist nur noch grün erlaubt.

Wie viele Fahrzeuge derzeit noch ganz ohne Plakette unterwegs sind, wollte der Umweltschutzverein BUND wissen. Das Ergebnis: Von rund 1.000 Fahrzeugen, die vor einer Woche an der Kreuzung Bismarckstraße /  Dobbenweg vorbei fuhren, fehlte bei jedem Fünften der Aufkleber an der Windschutzscheibe. Ein Teil davon, sagt die BUND-Verkehrsexpertin Siecke Martin, habe sich wahrscheinlich einfach noch keine geholt, da nach einer Rechnung des Kraftfahrt-Bundesamts aus dem Jahr 2007 nur fünf Prozent der Bremer PKWs gar keine Plakette bekommen würden – 73 Prozent übrigens eine grüne. „Wir haben die ganze Zeit gesagt, dass die PKWs nicht das Problem sind“, sagt Martin, „es geht um die Nutzfahrzeuge, die doppelt bis siebenmal so viel ausstoßen“.

Ab wann nicht nur der BUND, sondern auch Polizei und Stadtamt die Einhaltung der Plakettenpflicht kontrollieren, war gestern noch unklar. Ein Sprecher des Innensenators sagte, die Schwerpunktkontrollen seien von Ende Januar auf Anfang Februar verschoben worden. Als Grund nannte er eine fehlende Regelung zur Kontrolle von parkenden Fahrzeugen. Das Stadtamt, das für diesen so genannten „ruhenden Verkehr“ zuständig ist, will deshalb zunächst nur Merkzettel verteilen. Wer später ohne Plakette in der Neustadt oder der Innenstadt erwischt wird, muss 40 Euro Bußgeld zahlen und bekommt einen Punkt in Flensburg. Es sei denn, jemand kann eine Ausnahmegenehmigung vorweisen, etwa als Anwohner, der sein Auto aus finanziellen Gründen nicht nachrüsten kann. Die Linkspartei hatte vor der Einführung gewarnt, dass viele arme Menschen ihr Auto stehen lassen müssten, doch nach Auskunft der Solidarischen Hilfe hat sich das bisher nicht bewahrheitet. Rund 50 Ausnahmegenehmigungen aufgrund „sozialer Härten“ wurden nach Behördenangaben bisher ausgestellt.

Noch müssen diese mit Namen und Anschrift von außen erkennbar im Wagen liegen – eine Regelung, die Bremens Datenschützer Sven Holst so nicht hinnehmen wollte.

Gestern traf er sich deshalb mit Vertretern des Amts für Straßen und Verkehr, das sich in dieser Frage nicht im Vorfeld mit dem Landesdatenschutzbeauftragten abgestimmt hatte. In dem Gespräch, das offenbar noch zu keiner Lösung des Problems geführt hat, ging es auch darum, dass die Antragsteller aus Holsts Sicht zu viele persönliche Daten preisgeben müssen.

Ablehnen musste die Behörde nach ihren Angaben aufgrund einer „gute Information am Telefon oder im persönlichen Gespräch“ nur wenige Anträge: Etwa 30 von 350. Darin enthalten sind außerdem Schwerbehinderte, Marktbesteller und 140 Kleinunternehmen, welche „wirtschaftliche Härten“ geltend machen konnten.

Andere Firmen wie Beck’s-Brauerei und Hachez hingegen konnten einen „Flottenvertrag“ mit dem Umweltsenator abschließen, der sie – gegen Zahlung eines ausgehandelten Betrags – vorerst von der Plakettenpflicht ausnimmt. In dem Vertrag verpflichten sie sich, bis 2012 ihre Fahrzeugflotte umweltschonend um- und nachzurüsten. Neun Unternehmen haben diese Möglichkeit bisher genutzt, darunter neben den beiden genannten auch die BSAG.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen