WWF warnt: Viel Chemie, weniger Hirn
Eine WWF-Studie fasst neue wissenschaftliche Untersuchungen zusammen, die zeigen, dass synthetische chemische Substanzen die Intelligenz von Kindern beeinträchtigen. Die Erkenntnisse offenbaren in erschreckender Weise, dass Chemikalien, denen wir alle ausgesetzt sind, die Gehirnentwicklung und Motorik von Kindern schädigen können und zwar schon in Konzentrationen, die bereits im menschlichen Blut nachgewiesen wurden. Beobachtete Auswirkungen von chemischen Substanzen auf die Gehirnentwicklung von Kindern weltweit seien zum Beispiel eine geringere Gedächtnisleistung, verminderte visuelle Wahrnehmung, weniger entwickelte Bewegungsfähigkeit sowie geringere Intelligenzquotienten.
Zusätzlich steigt die Zahl von Störungen wie dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) und Autismus an. Ein Wissenschaftlergremium aus den USA hat geschätzt, dass 10 Prozent aller neurologischen Verhaltensstörungen vollständig oder teilweise von Chemikalien verursacht sind. Chemikalien mit neurotoxischen Effekten sind etwa das in vielen Ländern verbotene PCB und die noch vielfach eingesetzten bromierten Flammschutzmittel, die sich in Videos, Fernsehern, Computern, Polsterbezügen, Autositzen und Möbeln befinden. Aus der Studie geht auch hervor, dass 70 Prozent der meistgenutzten Chemikalien bisher nicht oder nur unzureichend auf ihre Effekte auf Gehirn und Nervensystem getestet wurden und ein unbekanntes Risiko für die kindliche Entwicklung bergen. „Wenn es um die geistige Entwicklungsfähigkeit der nachfolgenden Generationen geht, müssen wir die Warnsignale ernst nehmen“, sagt Ninja Reineke, Chemikalienexpertin des WWF. „Geradezu einäugig wird die Diskussion über die EU-Chemikalienpolitik geführt, in der nur mit den Kosten für die Chemieindustrie argumentiert wird?“ Die Entwicklung des menschlichen Gehirns und des Nervensystems sind extrem empfindlich, da sie sich über einen langen Zeitraum erstrecken, beginnend im Embryonalstadium bis hin zur Pubertät. Untersuchungen ergaben, dass die Gehirnentwicklung von Kindern auch in europäischen Industrieländern von Substanzen beeinträchtigt wurden, die sich in ihrer Mutter angereichert haben und während der Schwangerschaft auf den Fötus übertragen wurden. dpa
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