piwik no script img

Fotografisches Gedächtnis

Verbotene Bilder als Zeitzeugen: In mehreren Ausstellungen wird den Opfern der „Operation Gomorrha“ gedacht und vor einer Wiederholung ermahnt

„Es war das Schlimmste, was einer Feuerwehr passieren konnte“, beschreibt Hamburgs Oberbranddirektor Peer Reichenbach die Geschehnisse, die er selbst auch nur aus den Übermittlungen seiner alten Kollegen kennt. „Die Feuerwehr war vor eine unlösbare Aufgabe gestellt.“ Dabei hatten die Hamburger Löscher nach den Bombardements Lübecks und Rostocks durchaus Vorbereitungen auf ein Inferno an der Elbe getroffen. Doch das, was sich in der Nacht des 28. Juli 1943 in Hammerbrook, Hamm und Rothenburgsort abspielte, überstieg das Denk- und Fassbare. Binnen weniger Stunden kamen 30.000 Menschen im so genannten Feuersturm ums Leben.

In Hamburg wird dieser Tage mit mehreren Ausstellungen der „Operation Gomorrha“ gedacht. Kernpunkt der Veranstaltungen in diesen Tagen ist die Ausstellung in den Deichtorhallen. „Es wäre sicherlich besser gewesen, so etwas in einem Bunker zu machen“, sagt Mitinitiator und Ex-Bürgermeister Ingo von Münch.

Doch bei der Suche nach einem geeigneten Veranstaltungsort war der ehemalige Kultursenator an Grenzen gestoßen. „Entweder befinden sich in den Bunkern Möbellager, Diskos, Restaurants“, so von Münch, oder es habe technische Probleme der Umsetzung gegeben.

Den Schwerpunkt der Feuerwehr-Ausstellung bilden Fotografien der Hamburger Erich Andres und Willi Beutler sowie des Feuerwehrmanns Hans Bunswig. Alle hatten damals trotz Fotografierverbot durch die Nazis die Dokumente der Zeitgeschichte über die Zerstörung Hamburgs und die Vielzahl der Opfer geschossen.

„Es ist eine Ausstellung mit Fotografien von Fotografen, obwohl Fotografieren verboten war“, erinnert Ingo von Münch. Derartige Bilder sind auch in der Rathausdiele zu begutachten. „Allerdings nicht aus der Perspektive der Dokumentation, sondern aus der Sicht der Zeitzeugen“, sagt Kerstin Rassmussen vom Stadtteilarchiv Hamm. Die Fotografen sind normale Hamburger gewesen. „Sie haben unter der Gefahr der Strafverfolgung versucht, Bilder aus ihrem Blickwinkel festzuhalten.“

Alle Veranstalter stimmen darüber indes überein, dass nur diejenigen einen Einblick in die Ereignisse vor 60 Jahren gewinnen können, die sich möglichst viele Zeitdokumentationen ansehen. KAI VON APPEN

Feuerwehrausstellung: „Hamburg im Bombenkrieg 1943“ Ab heute im Feuerwehr-Informationszentrum Westphalenweg.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen