Verursacherprinzip: Auch Forscher müssen haften
Der Aufschrei ist groß. Rot-Grün behinderte nicht nur die grüne Gentechnikforschung, sie werde sogar fast unmöglich gemacht. Schuld sei, so heißt es bei der Forschungslobby, das vergangene Woche im Bundestag beschlossene Gentechnikgesetz. Insbesondere die strengen Haftungsregelungen, die für den Schadensausgleich sorgen sollen, wenn unerwünschte Gentech-Verunreinigungen der Nachbarfelder auftreten, sorgen bei den Forschern für Empörung.
Denn für ihre Folgen haften müssen die Freisetzer jetzt alle: egal ob sie nun als Landwirte kommerziell Gentech-Pflanzen anbauen oder ob sie als Forscher im Dienste neuer Erkenntnisse ihre im Labor konstruierten lebenden Artefakte im Freiland experimentell testen. Diese Regelung war eigentlich schon längst überfällig. Verwunderlich ist vielmehr, dass sie jetzt für so viel Empörung sorgt. Heißt das etwa, dass die Forscher bisher nicht für ihr Tun verantwortlich waren?
Selbst Verbraucherministerin Renate Künast, die maßgeblich für das neue Gentechnikgesetz verantwortlich ist, kann ihre Verwunderung nicht verhehlen. Auf einer Tagung über gentechnikfreie Zonen stellte sie die Selbstverständlichkeit der Genforscher auf eine Stufe mit der unsinnigen Praxis im Bereich der Atomtechnologie. Dort sei es jahrzehntelang auch üblich gewesen, dass die Betreiber nicht für die Folgekosten aufkommen. Anscheinend seien, so Künast, auch die Genforscher, die jetzt sagen, sie würden durch das Gesetz behindert, davon ausgegangen, sie müssten nicht zahlen. Dabei besteht durchaus ein Unterschied zwischen dem Experiment auf dem Feld und dem landwirtschaftlichen Gentech-Anbau. Auf dem Acker stehen Pflanzen, die als Lebensmittel verarbeitet werden. Auf dem Forscherfeld aber können auch Pflanzen stehen, die Substanzen produzieren, die nicht zur Ernährung geeignet sind. WOLFGANG LÖHR
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