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2.800.000.000 Euro Miese in einem Jahr

Krisengipfel zur angeschlagenen HSH Nordbank ohne konkrete Entscheidungen. Politspitzen von Hamburg und Schleswig-Holstein debattieren die Rettungsmöglichkeiten. Desaströses Geschäftsergebnis für 2008 bestätigt

Ohne Entscheidungen verlief am Freitagnachmittag ein Krisengipfel zur angeschlagenen HSH Nordbank in Hamburg. Spitzenpolitiker aus Schleswig-Holstein und Hamburg hatten mehrere Stunden lang mit dem Vorstand der gemeinsamen Landesbank die Rettungsoptionen sondiert und debattiert. Dabei wurden sie auch über die Eckwerte eines Gutachtens informiert, welches die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG im Auftrag der beiden Landesregierungen erstellt hat. Bestätigt wurde die gestrige Meldung der taz nord, dass die Nordbank im Jahr 2008 einen Verlust von gut 2,8 Milliarden Euro eingefahren hat.

Zunächst gehe es darum, „grundlegende Detailinformationen“ zu erhalten, hatte Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) vor dem Treffen mit dem Vorstand der HSH Nordbank um den Vorsitzenden Dirk Jens Nonnenmacher gesagt. Daran nahmen der Kieler Regierungschef Peter Harry Carstensen (CDU), die Finanzminister beider Länder sowie die Fraktionsspitzen der beiden Koalitionsregierungen teil.

Die Richtung der Entscheidungsfindung sei noch offen, sagte von Beust. Frühestens am Dienstag nächster Woche ist mit Entscheidungen zu rechnen. Dann tagen in Hamburg beide Kabinette gemeinsam, zudem kommen der Aufsichtsrat der HSH Nordbank und die Haushaltsausschüsse der beiden Landesparlamente zu Sitzungen zusammen.

Vor der Bankzentrale am Gerhart-Hauptmann-Platz in der Hamburger Innenstadt hatten am Mittag etwa 400 Beschäftigte der HSH Nordbank für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstriert. „Hier arbeiten auch Menschen – nicht nur Geld“, stellten sie auf Transparenten klar und forderten „Moral, Anstand und Nachhaltigkeit!“ von Politik und Vorstand ein. „Es kann nicht sein, dass die Beschäftigten die Leidtragenden für die Fehler des Managements sind“, sagte Berthold Bose von der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di.

Für alle denkbaren Rettungsmodelle sei wichtig, dass die Beschäftigten nicht die Verlierer sein dürften, sagte Bose und kritisierte gleichzeitig die Informationspolitik des Unternehmens über einen möglichen Abbau von Arbeitsplätzen: „Wir haben keine Informationen, das ist dramatisch.“

Nach taz-Informationen sind gegenwärtig 1.800 der rund 4.300 Beschäftigten von Entlassung bedroht. Der Umfang des Stellenabbaus ist aber abhängig von der Sanierung der Bank und dem künftigen Geschäftsmodell. Ein Insider schätzt, dass die beiden Länder Schleswig-Holstein und Hamburg „im günstigsten Fall“ zusammen drei Milliarden Euro zur Erhöhung des Eigenkapitals der Bank aufbringen müssen. Zusätzlich stünden Bürgschaften in Höhe von mindestens zehn Milliarden Euro zur Debatte. „Es kann aber auch noch viel teurer werden“, warnt er.

Zudem sei noch vollkommen unklar, ob und in welcher Höhe sich der Finanzmarkt-Stabilisierungsfonds des Bundes, Soffin, bei der Nordbank ins Risiko begibt. Zuerst müsse das KPMG-Gutachten genauen Aufschluss über die Altlasten und Risiken bringen. SVEN-MICHAEL VEIT

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