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GESUNDHEITSREFORM: DIE CDU SOLLTE IHREN WETTBEWERB BEKOMMENKuhhandel melkt Ärzte und Apotheker

Die FDP ist schon mal raus. Unter Protest haben die Liberalen die Mitarbeit in der Konsensrunde zur Gesundheitsreform aufgekündigt. Dort freilich saßen sie ohnehin bloß auf den Notsitzen für ungebetene Gäste. Heute werden nurmehr die Verhandler von SPD, Union und Grünen über dem Gesetzentwurf brüten, den das Gesundheitsministerium aus den „Eckpunkten zur Gesundheitsreform“ gestrickt hat. Innerhalb eines Tages wollen sie die Fragen beantworten, die die Eckpunkte aufgeworfen haben – das wird anstrengend.

Die Grünen tun seit Wochen so, als könnten sie den Ärzten und Apothekern noch Belastungen zumuten. Die haben mittlerweile jedoch auch den Sekt geleert – hurra, die Reform wird von anderen bezahlt! – und sind ins Lobby-, sprich Jammergeschäft zurückgekehrt. Bislang waren sie überaus erfolgreich. Allerdings haben die Grünen Verstärkung bekommen. Denn den Gesundheitsverhandlern der Union, die bislang die Interessen von Ärzten und Apothekern vertreten haben, sind ihre eigenen Leuten in den Rücken gefallen: Auch die Herzog-Kommission hat „mehr Wettbewerb bei den Leistungserbringern“ verlangt. Sprich: Ärzte und Apotheker sollen sich Konkurrenz machen.

Entschieden wird heute also wieder in Form eines Kuhhandels. Werden Ärzte und Apotheker vielleicht gegen den Zahnersatz verdealt? Mit dem nämlich haben Kanzler Gerhard Schröder und Unions-Chefin Angela Merkel in ihrem nächtlichen Telefonat im Juli den Gesundheitspolitikern ein tückisches Ei ins Nest gelegt. Der Zahnersatz sollte in den „fairen Wettbewerb“ zwischen gesetzlichen und privaten Versicherungen gegeben werden. Wie das aussehen soll bei zwei Versicherungssystemen, die nach völlig unterschiedlichen Gesetzmäßigkeiten funktionieren, darüber haben die zwei Chefs sich damals keine weitere schlaflose Minute bereitet. Nun hat das Ministerium aus der unglücklichen Vorgabe einen Entwurf gebastelt, der den Privaten nicht besonders viel Raum gibt. Das wird die CDU so nicht durchgehen lassen. Schließlich macht sie ihre Zustimmung zur Reform davon abhängig, dass die Idee der Privatisierung genau dorthinein, in den Zahnersatz, gepflanzt wird.

Es wäre also möglich, dass der Union ihr gewünschter Wettbewerb bei Ärzten und Apothekern abgerungen wird, wenn die SPD im Gegenzug den Zahnersatz noch einmal kräftig Richtung Private schiebt, wohl wissend, dass die Privaten kein attraktives Angebot entwickeln können. Damit hätten die gesetzlichen Kassen und mit ihnen die Versicherten nicht so schrecklich viel verloren, aber immerhin eine Maßnahme gewonnen, die „Effizienz“ verspricht, also mehr Leistung für weniger Geld. ULRIKE WINKELMANN

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