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Bald kein Mädchen-Notruf mehr?

Mädchenhaus klagt: Jugendamt schickt Kinder viel zu oft wieder nach Hause. Grund sei der politische Druck, teure Inobhutnahmen zu vermeiden. Leidtragende seien die Kinder

Bremen taz ■ Den Fortbestand des rund um die Uhr erreichbaren Notrufs samt Notaufnahme für Mädchen in Krisensituationen sieht das Bremer Mädchenhaus bedroht. Grund sei der politische Druck auf das Jugendamt, die Dauer von so genannten Inobhutnahmen zu reduzieren. Vielfach müssten Mädchen, die sich an den Notruf gewendet und Unterschlupf im Mädchenhaus gesucht hätten, dieses schon nach ein bis zwei Tagen wieder verlassen, kritisierte Mädchenhaus-Geschäftsführerin Sabine Weber.

Immer häufiger argumentiere das Jugendamt, dass die Kinder etwa bei Verwandten unterkommen könnten – oftmals eine denkbar schlechte Alternative, kritisiert Mädchenhaus-Pädagogin Jutta Gänssler. „Dann dreht die Verwandtschaft am Rad.“

Die kurze Aufenthaltsdauer im Mädchenhaus, die das Amt noch bewillige, reiche nicht aus, um den von zu Hause geflohenen oder dort hinausgeworfenen Mädchen wirklich zu helfen, sagt Weber. „Komplizierteste Familienkonflikte müssen in wenigen Tagen geklärt werden, schwer traumatisierte Mädchen sollen ‚auf die Schnelle‘ versorgt werden.“ Das führe zu einer unhaltbaren Situation für die Betroffenen – und zu finanziellen Einbrüchen für das Mädchenhaus. Das finanziert sich nur über Pflegesätze. Um die Kosten zu decken, müssten im Schnitt sieben von acht Betten belegt sein, heißt es. Derzeit sind es nur etwa drei.

Ändert sich nichts, droht dem Mädchenhaus im Oktober das Aus. Weber: „Krisen müssen sich dann an die Öffnungszeiten des Jugendamtes halten.“ sim

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