Alle Fraktionen stehen zu Hartz

Trotz wachsender Proteste unterstützen alle Parteien im Landtag weiter die Hartz-Gesetzgebung. Grüne räumen „Verständnis“ für Demonstranten ein und fordern stärkere Belastung der Reichen

VON ANDREAS WYPUTTA

Trotz wachsender Proteste wollen alle Parteien im Düsseldorfer Landtag grundsätzlich an den Hartz-Gesetzen festhalten. Für viele gebe es erstmals „große Chancen für eine berufliche Perspektive“, sagt der SPD-Landesvorsitzende Harald Schartau. Bei Schwierigkeiten bei der Umsetzung werde die Landesregierung „die Ohren aber nicht zuhalten“, gab Schartau, der auch nordrhein-westfälischer Wirtschafts- und Arbeitsminister ist, die Koalitionslinie vor: Auch die Grünen plädieren für einen „pragmatischen Umgang“ mit Hartz, so Fraktionschefin Sylvia Löhrmann zur taz. „Natürlich habe ich Verständnis für die Ängste der Demonstranten.“

Wie die grüne Landesumweltministerin Bärbel Höhn setzt auch Löhrmann aber auf eine stärkere Belastung Besserverdienender. Um das Gesetzespaket zur Steuerreform nicht wieder aufzuschnüren, sei es nicht sinnvoll, über einen Verzicht auf die beschlossene Senkung des Spitzensteuersatzes zu spekulieren. Statt dessen müsse auf Bundesebene über die Erbschaftssteuer diskutiert werden, gibt Löhrmann den schwarzen Peter weiter. Unterstützung kommt aus der grünen Fraktion: Die „massive soziale Schieflage“ der Hartz-Reform sei „abartig“, findet der Essener Landtagsabgeordnete Thomas Rommelspacher. Johannes Remmel, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen, meint aber, es „sei nicht Aufgabe der Gesellschaft, das Risiko Arbeitslosigkeit über einen gewissen Zeitraum über eine solidarische Grundsicherung hinaus abzusichern“. Die Diskussion über diese „originär grüne Idee“ habe „gerade erst begonnen“. Konkrete Zahlen über die eventuelle Höhe der Grundsicherung wollte Remmel nicht machen.

Einig sind sich die Vertreter der Koalition in ihrer Wut auf die CDU: Das Verhalten der Christdemokraten sei „obszön“, findet Löhrmann, grenze an „politische Freibeuterei“, so Remmel. Auch SPD-Chef Schartau beklagte, die CDU wolle sich „in die Büsche schlagen“: Hatten die Christdemokraten Hartz zunächst verschärft, forderte der CDU-Oppositionsführer im Landtag, Jürgen Rüttgers, nach ersten Protesten eine „Generalrevision“. Derzeit scheint sich die CDU aber wieder stärker mit dem Sozialabbau zu identifizieren – während Rüttgers nach den ersten Hartz-Nachbesserungen durch die Bundesregierung schweigt, denkt der CDU-Sozialexperte Rudolf Henke bereits über den Einsatz Langzeitarbeitsloser in der Altenpflege nach. Die Arbeitssuchenden könnten Pflegebedürftige sozial betreuen oder „die Grünanlagen der Einrichtungen“ pflegen, findet Henke. Neben einer Verdopplung des Arbeitslosengelds II von 345 Euro könne auch die „Chance verbessert werden, Zugang zu einer Berufsausbildung“ zu erhalten.

Geschlossen tritt die Opposition aber nicht auf – die FDP-Abgeordnete Jana Pavlik widersprach sofort: „Nicht jede zumutbare Arbeit für Hartz IV-Empfänger ist zumutbar für Pflegebedürftige.“