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Voll Pulle Leben

Wohin nur mit den jungen Filmemachern? Ins Fernsehen natürlich! Die Jury des Nachwuchspreises „First Steps“ prämierte Arbeiten in fünf Kategorien

aus Berlin STEFFEN GRIMBERG

Und nun die gute Nachricht: Die öffentlich-rechtlichen Sender haben im vergangenen Jahr rund 50 Sendeplätze für die Erst- und Zweitlingswerke junger FilmemacherInnen zur Verfügung gestellt. Das mag einem angesichts von rund zehn in Frage kommenden Kanälen vom ZDF über die ARD-Dritten bis zu Phoenix gering vorkommen. Aber der Nachwuchs hat es schwer. Auch in einer so vermeintlich jungen Branche wie dem Fernsehen.

Erleichterung verschafft da mindestens einmal im Jahr der „First Steps Award“. Ironischerweise ist der Nachwuchspreis, der vor allem die Abschlussfilme der deutschsprachigen Film- und Fernsehhochschulen ins Visier nimmt, ganz überwiegend eine Initiative des Privatfernsehens. Wohin also mit diesen Filmen, wohin mit all dem Leben, „den Hormonschüben, der Einsamkeit in jedem Alter“, wie die Schauspielerin Suzanne von Borsody umriss, die der Hauptjury des „First Steps“ angehörte. Ins Fernsehen, stupid!

Auch und vor allem die wieder hervorragende Auswahl an Kurzfilmen, die im realen Programmalltag viel zu – ahem – kurz kommen. Wie „Lucia“ von Felix Gönnert, gerade mal acht Minuten lang. Und doch ein schon fast elegisches Zeichentrickwunder über ein kleines Wesen, das im Krankenhaus beim Anblick von Röntgenbildern selbst den Röntgenblick bekommt und so den letzten Dingen des Lebens auf den Grund geht. Wunderbar.

Gewonnen hat allerdings der Film „Wackelkontakt“ von Ralph Etter. Eine bedrückende, aber auch komische Geschichte aus der Schweiz (und deshalb hochdeutsch untertitelt) über die kleine Sibylle, die mit ihrem Bruder bei der demenzkranken Großmutter lebt, deren Kopf immer mal wieder aussetzt. Sie habe eben so was wie einen „Wackelkontakt“, erklärt die „Grossi“ in einem ihrer letzten lichten Momente den beiden, um dann wie ein Uhrwerk endgültig still zu stehen.

Sieger bei den Spielfilmen wurde ganz souverän Florian Schwarz’ „Katze im Sack“, in der Kategorie Dokumentarfilm „Janine F.“ von Teresa Renn (beide Filme siehe tazzwei von gestern, übrige Preisträger im Kasten).

Ebenfalls nominiert, aber preislos blieb Britt Beyers „Der junge Herr Bürgermeister“, das lakonisch-komische Porträt des 24-jährigen Carsten Guhr, Ortschef im sächsischen Oberlichtenau. Macht aber nichts: Er hat es als Teil der „Absolute Beginner“-Dokureihe des „Kleinen Fernsehspiels“ im ZDF ja schon ins Fernsehen geschafft. Von den nominierten Filme abgesehen, schien die Doku-Jury aber mit den Einreichungen nicht wirklich zufrieden: Jury-Mitglied Lutz Hachmeister („Schleyer“) bat dringend darum, „die Flucht in die lahme Selbstreflexion, dieses kulturelle Biedermeier der Um-die-Dreißigjährigen“ wieder einzustellen: „Es könnte sich lohnen, auch einen Blick auf die Welt außerhalb des eigenen Bekanntenkreises zu riskieren.“

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