: Skandalöses häppchenweise
Keine Ruhe ums Polizeigesetz: Innensenator will angeblich DNA-Erfassung und Lauschangriff. Behörde dementiert halbherzig, Bürgermeister bläst zum Rückzug
Gerade hatte sich die Aufregung darüber gelegt, wie sich die CDU ein neues Polizeigesetz für Hamburg vorstellt. Der Datenschutzbeauftragte Hans-Hermann Schrader hatte noch am Montag eine gewisse Genugtuung geäußert, weil im jüngsten Eckpunktepapier der Christdemokraten die strittigen Themen Telefonüberwachung und DNA-Analyse bei Straftätern ausgespart geblieben waren.
Da berichtete gestern das Abendblatt, Innensenator Udo Nagel (parteilos) schwebten genau jene Punkte wieder vor: die Entnahme von DNA-Proben bei erkennungsdienstlicher Behandlung sowie „das vorsorgliche Abhören von Telefongesprächen“, und dies auch für so genannte Berufsgeheimnisträger – Mediziner und Geistliche, Rechtsanwälte oder Journalisten.
Über diese vermeintliche Enthüllung sei der Senator, so sein Sprecher Reinhard Fallak, „not amused“ gewesen. Fallak sprach von einem „Mischmasch aus alten Wellinghausen-Papieren und neuen Entwürfen“, der da „viel zu früh“ verbreitet worden sei.
Am Nachmittag wusste die Nachrichtenagentur dpa gleichwohl zu bestätigen, der Senator sehe „eine Notwendigkeit“, auch Berufsgeheimnisträger belauschen zu können. Alles jetzt in Rede stehende sei aber lediglich ein Vorentwurf, so Nagel: „Wir wollen nicht auf die Schnelle ein Gesetz durchpeitschen.“
Die Opposition zeigte sich wenig beeindruckt: „Häppchenweise die Planung massiver Grundrechtseingriffe einzugestehen, ist alles andere als seriös“, befand etwa der SPD-Innenexperte Andreas Dressel. Während der Innensenator an anderer Stelle „in Haushaltslöchern“ versinke und der Stellenabbau bei Hamburgs Polizei dramatischer ausfalle, „als der Senat bislang zugibt“, solle hier Aktionismus demonstriert werden.
Auch Dressels Kollege Uwe Grund wunderte sich darüber, dass die CDU das Fass allgemeiner Abhörtätigkeit wieder aufmache. Nicht nur der Demokratie drohe eine Gefahr, trumpfte der medienpolitische Sprecher seiner Fraktion auf – „auch dem Medienstandort Hamburg“.
Vielleicht ja auch deshalb ließ Senatssprecher Christian Schnee am Abend wissen, der Bürgermeister suche den Konsens mit den betroffenen Berufsgruppen. Werde daraus nichts, so Schnee, „könnten wir auf den entsprechenden Passus im Gesetz auch verzichten“. Alexander Diehl
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen