piwik no script img

Kampf gegen Terror greift Bankgeheimnis an

Folge des 11. September: Um verdächtige Geldgeschäfte aufzuspüren, werden zahlreiche Privatkonten offen gelegt

HAMBURG taz ■ Terror kostet Geld, viel Geld sogar, denn Personal und Logistik, Waffen und Mitwisser wollen finanziert sein. Aber selbst das Kapital von al-Quaida wird auf normalen Konten über den Globus hin und her geschoben. Für Polizei und Regierung standen daher nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 Banken und Versicherungen, aber auch illegale, so genannte Hawala-Banken oben auf der Kontrollliste. Bislang ohne großen Erfolg.

Die Wege der Terrorfinanzierung sind verschlungen. So ermittelte der Generalbundesanwalt einen 30-jährigen irakischen Staatsangehörigen, der in München lebt und dort Geld für eine islamistisch-kurdische, terroristische Vereinigung im Irak sammelte. „Das Geld“, so der Bundesstaatsanwalt, „soll er in den Irak geleitet haben.“ Genauso fließen dubiose Millionen aus Iran oder Russland nach Europa, USA und Südostasien.

Ist davon die bundesdeutsche Bankenhoheit betroffen, kümmern sich Bundesstaatsanwaltschaft, Bundeskriminalamt und das Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Das BaFin schärft den von ihm beaufsichtigten gut 2.200 Instituten ein, Geldwäscher zu entlarven. Als besonders verdächtig gelten Überweisungen aus der Ukraine, Burma, Malaysia, Nauru. Im vergangenen Jahr machte das BaFin 23 Sonderprüfungen in Banken.

Ein Argusauge wirft es auch auf Hawalas, kleine private Schattenbanken, die im Verdacht stehen, „für die Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden“. Transaktionen werden dort ohne schriftlichen Beleg abgewickelt. 201 Verfahren hat das BaFin allein im Jahr 2003 gegen solche nicht lizensierte Finanztransferdienstleister eröffnet.

Seit November 2003 kann die Finanzaufsicht auf alle Konten in Deutschland zugreifen. Schon in den ersten sieben Wochen bearbeitete sie über zweitausend Anfragen von Staatsanwaltschaft und Polizei. Datenschützer sorgen sich nun um das offene Bankgeheimnis und die Nutzung der Daten für „eine Vielzahl anderer Zwecke als der Bekämpfung des Terrorismus“. Das Kontenabfragesystem müsse auf den Prüfstand, fordert denn auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar.

Aus nahe liegenden Gründen lässt sich die Finanzaufsicht nicht in die Karten gucken. Gleiches gilt für die „Financial Intelligence Unit“ (FIU) beim Bundeskriminalamt (BKA). Beide geben sich aber zuversichtlich. Das BKA erwartet eine „erfolgreiche Fortführung der Arbeit“. Tatsächlich verdoppelte sich die Zahl der Anzeigen wegen Geldwäsche in den letzten zehn Jahren auf über 6.000. Lediglich bei 127 davon ging es direkt um Terrorismus. Am häufigsten zeigen Banker Kunden an. Die im neuen Geldwäschegesetz verpflichteten Notare und Rechtsanwälte halten sich zurück. Dabei kommen die meisten Anzeigen nicht etwa aus der Bankmetropole Frankfurt, sondern aus NRW und Bayern.

Insgesamt beobachtet das BKA einen Rückgang der Terror-Finanz-Fälle. Ob dieser Trend anhält? Und wie groß die Dunkelziffer ist? Da sind sich auch die BKA-Beamten unsicher.

HERMANNUS PFEIFFER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen