: Einfach besser einsperren
Nach dem jüngsten Ausbruch aus der Feuerbergstraße erwägt die CDU einen Trägerwechsel. GAL erklärt geschlossenes Heim für gescheitert
Von Kaija Kutter
Nur „wenige Minuten“ waren drei Jugendliche der Feuerbergstraße am Samstagvormittag unbeaufsichtigt – sie sollten ihr Bad putzen. Das hätte nicht sein dürfen, erklärt Kerstin Blume-Schoppmann von der Geschäftsführung des Landesbetrieb Erziehung und Berufsbildung, kurz LEB. Denn einer der drei war erst am vierten Tag im geschlossenen Heim und darf in dieser „Phase eins“ nicht mit anderen Insassen zusammen ohne Aufsicht sein. Deshalb drohen den zwei der insgesamt zehn Sozialpädagogen der Feuerbergstraße jetzt „arbeitsrechtliche Konsequenzen“. Außerdem, so Blume-Schoppmann, wolle man „aus Fehlern lernen“ und weitere Sicherheitslücken beseitigen.
Dem CDU-Abgeordneten Klaus-Peter Hesse reichte dies gestern nicht aus. Die CDU sei „enttäuscht“, ließ er verlauten. Die Menschen erwarteten von der CDU, dass sie kriminelle Kinder „sicher und geschlossen“ unterbringe. Dem LEB werde dafür eine „technisch und baulich sehr gute Jugendeinrichtung“ zur Verfügung gestellt. Hesse will nun prüfen, ob der LEB seine Mitarbeiter für die Aufgabe „nicht ausreichend sensibilisiert“ oder ob gar „ein anderer Träger“ gesucht werden sollte. Den Austausch des LEB-Geschäftsführers konnte er kaum fordern, dies war nach einem früheren Ausbruch schon passiert. Während die Sozialbehörde laut Sprecher Oliver Kleßmann erst einmal einen LEB-Bericht abwarten will, „bevor wir sehen, was zu tun ist“, mahnte die SPD die Verantwortung von Senatorin Birgit Schnieber-Jastram an. „Sie hat die Fachaufsicht“, betonte SPD-Frau Andrea Hilger und sprach auch von „mangelnder Sorgfalt in der Betreuung“.
„Die Mauern und Zäune können noch so hoch sein, die Jugendlichen werden immer einen Weg nach draußen finden“, erklärte dagegen die GAL-Politikerin Christiane Blömeke. Die Sozialsenatorin solle deshalb einräumen, dass ihr Konzept der geschlossenen Unterbringung gescheitert sei. Nach Zählung der GAL sind seit Eröffnung des Heims 15 Jugendliche abgehauen. Gemäß einer Kleinen Anfrage vom Mai gab es eine Durchschnittsbelegung von 5,3 Jungen. Da zugleich die Quote derer, die nach ihrer Entlassung wieder straffällig wurden, bei 50 Prozent liegt, spricht Blömeke von „viel Geld für null Erfolg“. Ganz falsch wäre es von daher, nun eine zweite Feuerbergstraße für Mädchen außerhalb Hamburgs zu schaffen, wie Hesse es gerade erst gefordert hat. Blömeke: „Ich hoffe sehr, dass dies den Mädchen erspart bleibt.“ CDU-Mann Hesse hatte von einer „Hilfseinrichtung“ gesprochen, in der 20 bis 60 jugendliche Prostituierte und kriminelle Mädchen zur Not auch gegen ihren Willen untergebracht werden sollen. Die GAL fürchtet dadurch eine „Kriminalisierung“ der weiblichen Prostituierten.
„Es wäre nicht sinnvoll, diese Mädchen mit kriminellen Jungerwachsenen in einer Einrichtung zu haben“, erklärt auch Ingeborg Müller vom Diakonischen Werk, welches das Projekt „Sperrgebiet“ in St. Georg betreibt. „Die Zielgruppen sind einfach zu unterschiedlich.“ Auch bringe es nichts, junge Prostituierte gegen ihren Willen dorthin zu bringen. Müller: „Diese Erfahrung, dass etwas gegen ihren Willen geschieht, haben diese Mädchen ihr Leben lang gemacht. Sie würden dies günstigstenfalls aussitzen.“ Gar einfach aufs Land gebracht zu werden, „würden die gar nicht aushalten“.
Beim Projekt „Sperrgebiet“ können junge Prostituierte, die in der Regel Drogen nehmen, sich von der Straße erholen und essen, duschen, sich einkleiden oder auch schlafen. Aus „Praxissicht“, so Müller, wäre statt eines Mädchenheims die Einrichtung einer „Krisenwohnung“ im Milieu sinnvoller, dazu als „zweite Stufe“ eventuell Ausstiegswohnungen, in denen ein „von außen betreutes Wohnen“ stattfindet. Dort müssen Personen arbeiten, die das Vertrauen der Mädchen genießen, weshalb die Projekte, die bereits mit diesen Mädchen arbeiten, in die Konzepte mit einbezogen werden sollten.
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