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Verbot von „Kalifatsstaat“ gebilligt

Bundesverfassungsgericht lehnt Beschwerde des Vereins ab: Grenze der Religionsfreiheit beginnt, wo öffentliche Sicherheit oder Demokratie gefährdet wird

FREIBURG taz ■ Metin Kaplans „Kalifatsstaat“ bleibt verboten. Gestern lehnte das Bundesverfassungsgericht eine Klage der im Dezember 2001 aufgelösten Vereinigung ab. Innenminister Otto Schily (SPD) begrüßte die Entscheidung.

Bis zum Herbst 2001 konnten religiöse Vereine in Deutschland nicht verboten werden. Dann wurde das Religionsprivileg abgeschafft. Erster Anwendungsfall: der Kalifatsstaat in Köln. Der Verein sei eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, entschied das Innenministerium. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte das Verbot im November 2002.

Nun scheiterte die Verfassungsbeschwerde des Vereins. Die Religionsfreiheit sei im Grundgesetz „nicht schrankenlos“ garantiert, so die Karlsruher Richter. Der Gesetzgeber dürfe eingreifen, um damit Demokratie und Rechtsstaat zu schützen. Wenn ein religiöser Verein „aktiv-kämpferisch“ gegen diese Werte vorgehe, sei auch ein Verbot zulässig. Im Fall des Kalifatsstaats hielt das Verfassungsgericht ein Verbot für gerechtfertigt. Als Beleg diente der Aufruf Kaplans, einen Gegenspieler zu töten, wofür er eine vierjährige Haftstrafe absaß. Von diesem Aufruf habe sich der Verein nie distanziert.

Derzeit versucht die Stadt Köln, unterstützt von Bundes- und Landesregierung, Kaplan in die Türkei abzuschieben. Vor wenigen Wochen erklärte das Kölner Verwaltungsgericht jedoch, dass eine Abschiebung unzulässig wäre. Kaplan erwarte in der Türkei ein unfairer Hochverratsprozess, bei dem voraussichtlich unter Folter erlangte Belastungsaussagen benutzt würden. Das Berufungsurteil in dieser Sache steht noch aus. Az.: 1 BvR 536/03

CHRISTIAN RATH

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